Mit Zuversicht gegen das spanische Bollwerk
Atlético Madrid eilt der Ruf einer defensiv extrem kompakten und konterstarken Mannschaft voraus. Um dennoch einen Erfolg gegen den Favoriten feiern zu können, muss die Werkself im Grunde nur da weitermachen, wo sie zuletzt aufgehört hat.
LEVERKUSEN Bevor der Ball zum Abschlusstraining vor dem Achtelfinale der Champions League rollte, richtete Stefan Kießling noch ein paar Worte an seine Teamkollegen. Was genau der Routinier seinen Mitspielern mit auf den Weg gab, ist nicht überliefert. Sicher ist aber, dass er vor zwei Jahren dabei war, als Bayer 04 beinahe Atlético Madrid aus der Königsklasse geworfen hätte. Dem 1:0-Heimsieg folgte damals ein 0:1 in Madrid. Das Elfmeterschießen entschieden die Hausherren für sich – und für die Werkself war einmal mehr in der Runde der letzten 16 Schluss.
Diesmal soll alles anders werden. Ziel ist die erste Viertelfinal-Teilnahme seit der legendären TripleVize-Saison 2001/2002, wo der Weg der Werkself bis ins Endspiel führte. Den Grundstein dafür kann das in der aktuellen Champions-LeagueSaison noch ungeschlagene Bayer 04 heute Abend (20.45 Uhr) legen, wenn Atlético erneut in der BayArena antritt. Vor der Partie gab sich Roger Schmidt demonstrativ optimistisch. Die Freude am Ereignis steht im Vordergrund.
„Damals war es sehr knapp“, erinnerte sich der Coach an die hitzigen Duelle vor zwei Jahren. „Wir haben gesehen, dass wir in der Lage sind, mit zwei Top-Tagen gegen so eine große Mannschaft wie Atlético Partien auf Augenhöhe zu zeigen.“Da sich beide Teams hinsichtlich ihrer Spielphilosophie nicht großartig verändert hätten, ist Schmidt hoffnungsvoll, Madrid erneut auf die Probe stellen zu können.
Eine wichtige Aufgabe kommt auf Chicharito zu. Der mexikanische Starstürmer der Werkself präsentierte sich seit dem Jahreswechsel wie verwandelt, schoss in vier Ein- sätzen fünf Tore und bereitete einen weiteren Treffer vor. Jetzt ist der 28Jährige gefragt, das spanische Bollwerk zu durchbrechen, das Madrid schon in den vergangenen Jahren auszeichnete. „Er ist in blendender Verfassung. Das ist wichtig, da Atlético nicht viele Chancen zulassen wird“, setzt Schmidt im Duell mit den Spaniern auf seinen besten Bundesliga-Torschützen (zehn Tore). Der Trainer will am liebsten dort anknüpfen, wo sein Team zuletzt beim 3:1-Erfolg in Augsburg aufgehört hat. „Die Spielfreude und Kreativität, die uns in den letzten Spielen ausgezeichnet hat – dieses Top-Niveau wollen wir erreichen.“Auch gegen Madrid sieht Schmidt seine Mannschaft „in der Lage, Torchancen herauszuspielen und erfolgreich zu sein“.
Ein weiterer Faktor könnte Kai Havertz sein. Dem Youngster, der durch seine starken Auftritte gegen Frankfurt und in Augsburg zuletzt abermals auf sich aufmerksam machte, winkt sein erster StartelfEinsatz in der Königsklasse. In der Gruppenphase wurde der 17Jährige bereits in Tottenham (1:0) sowie in Moskau (1:1) eingewechselt. Während Havertz in diesen Partien noch als Mittelfeldspieler eingesetzt wurde, scheint er nun als zweite Spitze hinter Chicharito am dringendsten gebraucht.
Durch Erfahrung werde man die Gäste ohnehin nicht besiegen können, stellte Schmidt treffend fest und forderte: „Wir müssen unbekümmert spielen.“Zum Vergleich: Im letzten Spiel der Werkself in Augsburg schickte Schmidt ein Team aufs Feld, das im Schnitt 24 Jahre alt war. Madrids Trainer Diego Simeone hingegen setzte am Wochenende in der spanischen Liga auf eine Mannschaft, die im Schnitt 27,3 Jahre alt und somit deutlich älter als die Werkself war.