Überfall auf Rentner: Angeklagte belasten sich gegenseitig
Gestern wurde der Prozess gegen die Männer fortgesetzt, die ein Ehepaar in Dierath überfallen haben sollen. Nun ging es um einen anderen Fall.
LEICHLINGEN/LEVERKUSEN Sie bleiben ihrer Linie treu. Eigentlich seien die anderen doch viel schlimmer als man selbst. Schließlich habe man sich gar nicht beteiligen wollen an den Verbrechen. Dieses Bild zeichnen zumindest gestern zwei der Angeklagten in ihren Selbstbeschreibungen und Schuldzuschreibungen. Ganz ähnlich wie so mancher der Angeklagten es schon zu Beginn des Prozesses gehandhabt hatte.
Seit gut zwei Wochen müssen sich die fünf Männer (22 bis 42 Jahre) am Landgericht in Köln verantworten. Besonders schwerer Raub wird ihnen in der Hauptsache vorgeworfen. Konkret wird ihnen der Überfall auf ein Rentner-Ehepaar in Leichlingen-Dierath zur Last gelegt. Rund 21.000 Euro Beute sollen sie Ende Juni vorigen Jahres gemacht haben und dabei mit großer Brutalität vorgegangen sein. Unter anderem verletzten sie den Senior mit einem Messer am Bein, schubsten ihn eine Treppe hinunter und ließen den 89Jährigen und seine Frau (83) schwer verletzt und gefesselt zurück. Bis heute kämpfen die Opfer mit den Folgen. Ihre Aussagen vor Gericht machten deutlich, wie sehr das Paar noch unter dem Eindruck des Geschehens steht. 42-jähriger Angeklagter
Festgenommen wurden die mutmaßlichen Täter gut einen Monat später im Zuge eines SEK-Einsatzes am Bahnhof in Schlebusch. Offenbar standen mehrere der Männer da unmittelbar vor der Begehung eines weiteren Raubes.
Diesem „Fall zwei“der Anklageschrift gingen die Juristen gestern nach: Geplant war offenbar, den Mitarbeiter eines Supermarktes in Rösrath zu überfallen. Ein ehemaliger Mitarbeiter des Marktes soll die Idee dazu gehabt haben. „Er hat mich angesprochen und gefragt, ob ich ihn denn mal ausrauben wollte. Aber so etwas bringe ich nicht übers Herz“, berichtet der 42-jährige Angeklagte.
Indes habe er kurz darauf bei einem Treffen in einem Opladener Lokal seinem 24-jährigen, mitangeklagten Bekannten davon berichtet. Und der habe die Dinge dann entsprechend vorangetrieben. Unter anderem sei in einer Nacht-undNebel-Aktion eine Gaspistole besorgt worden. Dazu sei ein Treffen mit einem Unbekannten vor dem Jugendhaus in Leverkusen-Schöneaussicht organisiert worden. Wer der Überbringer der Waffe war, wollte der 24-Jährige nicht sagen. Würde er den Namen preisgeben, müsse seine Familie dessen Rache befürchten. Stattdessen machte er den 42-Jährigen für die ÜberfallPläne verantwortlich: „Er hat Druck gemacht und alles geplant. Ich habe mich dazu verführen lassen.“
Die Ausführungen, in denen sich die beiden die Verantwortung für die Planung der vereitelten Tat auf der Anlagebank hin- und herschoben, stärkten indes nicht unbedingt ihre eigene Glaubwürdigkeit. Nicht nur, weil sie eine Nachfrage der Juristen mitunter mal als „nicht relevant“abtaten und auf eine Antwort lieber verzichteten.
Auch die Vorsitzende Richterin Kirsten Prömse ließ mitunter deutlich ihre Zweifel an den Schilderungen durchscheinen. Sie verwies unter anderem auf die Mitschnitte von Telefonaten, die teilweise etwas ganz anderes nahelegten als die Einlassungen des Duos gestern.
Durch das Abhören der Gespräche war die Polizei auf das geplante Verbrechen in Rösrath aufmerksam geworden. Die Männer erhofften sich von dem Raub mehrere zehntausend Euro Beute. Und der MarktManager bestätigte vor Gericht, dass die Beträge, die stets durch Mitarbeiter vom Markt zur Bank gebracht werden, mitunter bis zu 40.000 Euro betragen würden.
Der Zeuge zog indes auch ein wenig Argwohn der Richterin auf sich. Mitarbeiter des Supermarkts Denn der Mann, der immer noch in dem Lebensmittelmarkt arbeitet, ist offenbar nach wie vor recht gut befreundet mit dem ehemaligen Mitarbeiter, der den Tipp für den Überfall gegeben und die notwendigen Informationen geliefert haben soll.
Erst von Sonntag auf Montag dieser Woche habe der Mann bei ihm noch übernachtet, bevor man dann gemeinsam weiter Karneval gefeiert habe, räumte der Markt-Manager gestern auf Nachfrage unumwunden ein.
Ein anderer Beschäftigter des Marktes fiel dagegen ein paar Wochen nach der Festnahme der Angeklagten aus allen Wolken. Er habe erst im Zuge einer Vernehmung bei der Polizei von dem geplanten Überfall erfahren und davon, dass seine Chefs offenbar von der Kriminalpolizei im Vorfeld eingeweiht worden sein sollen, dass ein Überfall geplant ist. Ihm – demjenigen, der in mehr als zwei Dritteln der Fälle derjenige sei, der die Einnahmen zur Bank bringe – habe aber niemand von einem bevorstehenden Raub berichtet. „Mich wollte man ins offene Messer laufen lassen“, sagte der junge Mann, der daraufhin das Vertrauen in seinen Chef verloren und das Unternehmen verlassen habe.
„Er hat mich gefragt, ob ich ihn ausrauben wollte. Aber das bringe ich nicht übers Herz“ „Mich wollte man ins offene Messer laufen lassen, keiner hat mich informiert“