Beethoven virtuos und mit einem Lächeln vorgetragen
LEVERKUSEN Einen „himmlischen Durchblick“bescheinigte die Kritik dem jungen Pianisten Martin Helmchen. Als Gast bei Bayer Kultur beeindruckte er nun das Publikum im Erholungshaus. Das blieb völlig erschlagen zurück nach Ludwig van Beethovens Diabelli-Variationen, die der Tasten-Virtuose im zweiten Teil des Abends als eine große, geschlossene Einheit zelebrierte. Ein monströses Werk, das so ziemlich alle Anforderungen an den Interpreten stellt. In seinem letzten und größten Klavierwerk von immerhin einstündiger Aufführungsdauer verlangt Beethoven das ganze Pianisten-Spektrum von innigster Intimität bis zu virtuoser Brillanz.
Und die lotete Martin Helmchen in ihrer Unterschiedlichkeit aus, ohne die 33 Variationen zu einem Flickenteppich zu zerschneiden. Manche Sätze spielte er mit einem Lächeln auf dem Gesicht, als würde er sich auf den Spaß einlassen, mit dem der Komponist das vorgegebene schlichte Walzerthema zerpflückt und aus den Einzelteilen eines der bedeutendsten Variationen- werke der abendländischen Musikgeschichte zu schaffen. Der Wiener Musikverleger und durchschnittliche Komponist Anton Diabelli erbat 1819 von allen namhaften österreichischen Komponisten je eine Variation zum gleichen, von ihm ersonnenen Thema. Vier Jahre später, nachdem auch Schubert und Liszt eingereicht hatten, schickte Beethoven seinen Beitrag. Der sprengte die Sammlung, konnte nur einzeln veröffentlicht werden und machte zugleich den Namen Diabelli unsterblich. Martin Helmchen präsentierte einen in jeder Hinsicht varianten- reichen Abend. Auch das Programm erfuhr eine Veränderung. Statt der angekündigten Bach-Partita entschied er sich für eine Eröffnung mit Franz Schuberts „Variationen über ein Thema von Anselm Hüttenbrenner“. Damit bot er nicht nur eine weitere Facette zum Konzert-Konzept „Thema Variationen“, sondern knüpfte bereits am alles verbindenden Netzwerk rund um Beethoven. Erinnert doch schon der Rhythmus der Vorgabe an dessen Thema in der siebten Symphonie. Die Variations sérieuses op. 54 von Felix Mendelssohn Bartholdy haben nicht nur eine ähnliche Entstehungsgeschichte wie die Diabelli-Variationen, sondern knüpfen auch kompositionstechnisch an den Großmeister der Klassik an. Ein Lehrstück auch für Komponisten des 20. Jahrhunderts wie Helmut Lachenmann, der in den 50ern als Student einen Schubert-Walzer nach dem Vorbild Beethovens zerlegte. Martin Helmchen begeisterte mit diesen teils kecken Variationszyklus, der die Tänzer durch Beimischung von Zitaten unterschiedlicher Stile verwirrt und mit gewichtiger Akkordik vom Parkett vertreibt.