Rheinische Post Opladen

Alte Schätze auf 80 Quadratmet­er

Wolfgang Schröder (82) hat im Laufe der Jahre in seiner Wohnung viele Kostbarkei­ten gesammelt.

- VON GABI KNOPS-FEILER

LEVERKUSEN Sehenswert­e Kunstschät­ze, die niemand dort vermuten würde, verbergen sich auf rund 80 Quadratmet­ern in der Wohnung von Wolfgang Schröder. Hin und wieder kommen Schulklass­en zu Besuch. Ansonsten ist das Schrödersc­he „Privatmuse­um“weitgehend unbekannt.

Das Außergewöh­nliche daran ist: Der 82-jährige Hobbysamml­er wohnt in diesem kleinen, aber feinen Museum. Der alte Herd in der Küche ist zwar nicht in Benutzung, aber er ist an den Kamin angeschlos­sen. Und das alte, gusseisern­e Waffeleise­n scheint nur darauf zu warten, endlich wieder benutzt zu werden. „In dem Herd habe ich tatsächlic­h schon Brot gebacken und Kartoffeln auf der Platte zubereitet“, schildert Schröder mit diskretem Besitzerst­olz eines Sammlers und Kenners in der Stimme.

Bis vor 17 Jahren war er als Bezirkssch­ornsteinfe­germeister aktiv. In Opladen geboren und bei einer Tante im Westerwald aufgewachs­en kehrte er vor Jahrzehnte­n in die Heimat zurück. Schon früh interessie­rte er sich für Kunst. Schröder: „Mein Interesse galt von Anfang an der Geschichte und dem Brauchtum.“Bis heute bedurfte es jedoch vieler Jahre, um mehrere hundert antike Aus- stellungss­tücke aus Handel, Märkten oder privaten Sammlungen zu erwerben und zusammen zu tragen. Die Gegenständ­e reichen von so genannten Kurfürsten-Bibeln aus den Jahren 1720 und 1724 über bergische Uhren – darunter eine aus dem Jahr 1770 von Johann Martin Peddinghau­s – bis hin zu so genannten Wetzsteink­umpfen, die mit Wasser gefüllt und am Gürtel getragen zum Schärfen von Sensen und Sicheln benutzt wurden. Und die Ausstellun­g endet noch nicht beim hochwertig­en französisc­hen Lehnstuhl aus der Zeit vor dem 17. Jahrhunder­t einschließ­lich kostbarer Webarbeite­n. Gleich daneben steht beispielsw­eise eine antike Bettstatt des Jahres 1757. Am Kopfende des Himmelbett­es sind Bilder von Jesus und Maria verewigt, am Fußende sind Jakobus und Afra abgebildet. Ein anderes Teil, ein Klingelzug mit Blumenmust­er aus 54.000 farbigen Perlen, stammt aus der früheren Sammlung von Professor Ferdinand Sauerbruch, einem der bedeutends­ten und einflussre­ichsten Chirurgen des 20. Jahrhunder­ts.

Eine weitere, außergewöh­nliche Geschichte dreht sich um die Taufschale, die der Sammler von einem Kunsthändl­er in Worpswede/Bremen erstanden hat: Ursprüngli­ch stammte diese Schale aus einer evangelisc­hen Kirche in Bad Liebenwerd­a/Brandenbur­g. Es wird vermutet, dass sie zu Zeiten des Deutsch-Französisc­hen Krieges um 1871 verschwand. Seit 1910 wird sie in der Literatur nicht mehr erwähnt. Doch seit nunmehr zehn Jahren steht sie wohl behalten bei Schröder. Der rüstige Senior ist nicht nur am Sammeln alter Exponate, sondern auch an Musik interessie­rt. Der Besuch von Konzerten gehört ebenso zu seinen Freizeitbe­schäftigun­gen, wie das Treffen mit Freunden oder das Lesen von Fachlitera­tur. Und oft erkundigt er sich in Museen des In- und Auslandes, wenn er über seine Sammlerstü­cke nichts oder nur wenig weiß. Im Bayerische­n Diözesan-Museum hat er beispielsw­eise erfahren, dass es sich bei der Abbildung am Fußende des Bettes um die Heilige Afra, Schutzpatr­onin von Augsburg, handelt, die als Märtyrerin verbrannt wurde. Zurückblic­kend hat Schröder auf diese Weise schon viele interessan­te Menschen kennengele­rnt. Mit dem früheren Showmaster Peter Frankenfel­d war er allerdings schon lange zuvor bekannt, da er einst ein guter Freund von dessen Schwiegerv­ater war. Auch Frankenfel­d war nach seinem Besuch voller Lob.

Weitere Anerkennun­g kam nicht zuletzt aus fachlich berufenem Munde. So schrieb Psychologi­eProfessor Uwe Wolfradt aus Halle/ Saale, Schröder habe ein „kostbares Kleinod geschaffen, das sehr schön die bürgerlich­e und ländliche Kultur des frühen 19. Jahrhunder­ts einfängt.“Historiker und Kulturwiss­enschaftle­r Professor Dr. Dirk Hoeges aus Hannover meinte: „Nur selten findet sich eine solche Harmonie von Kunst-Sammler und Kunst.“

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