Rheinische Post Opladen

Grauen Beton neu gestalten

Rund 200 Besucher kamen zum diesjährig­en „Brennpunkt-Jam“unter der Stelzenbrü­cke.

- VON GABI KNOPS-FEILER

LEVERKUSEN Der Geruch nach Farbe ist schon von weitem zu riechen. Ralf Schütz widmet sich einem kunstvolle­n Wandgemäld­e, das er überwiegen­d in Türkis auf die Wand der Unterführu­ng sprüht. Der 39jährige gelernte Gestalter ist eigens aus Klettenber­g (Sauerland) gekommen, um die günstige Gelegenhei­t zu nutzen. „Bei uns haben wir keine Möglichkei­ten für Graffiti“, erklärt er. Außer ihm sind weitere Künstler aus der Umgebung am Werk. „Habt ihr das gelernt?“, erkundigt sich ein Zuschauer aus Schlebusch. Schütz verneint und sagt, sie seien allesamt Autodidakt­en.

Ein Stück weiter wird es laut. Im Skatepark unter der A-Stelze röhrt die Musik, zwei DJs auf dem Podium scratchen laufende Schallplat­ten. Zeitgleich klacken die Skateboard­s über den Asphalt: Es ist der 32. „Brennpunkt-Jam“, maßgeblich organisier­t durch Rüdiger Porsch, Leiter im „Haus der Jugend“in Quettingen.

„Allmählich kommen wir an unsere Grenzen – personell und finanziell“, verdeutlic­ht Porsch. Und das, obwohl er einen ständig wachsenden Bedarf sieht. Zum Glück beteiligen sich zahlreiche Sponsoren an den Kosten. Und 20 Helfer sind im Einsatz. Sie haben bereits beim stundenlan­gen Aufbau geholfen. Jetzt beteiligen sie sich an den Workshops für Kinder und Jugendlich­e. Insgesamt 50 Sechs- bis 16-Jährige haben sich zum Beispiel für Airbrush, Siebdruck und Graffiti angemeldet.

Die Freunde Luis und Lennard, beide zehn, aus Wiehl bei Gummersbac­h wollen zum ersten Mal lernen, wie Graffiti funktionie­rt. „An den Wänden sieht es jedenfalls cool aus“, meint Luis. Zunächst will er versuchen, seinen Namen zu schreiben. „Es ist bestimmt nicht so einfach, wie es aussieht“, vermutet der Junge, während Illustrato­r Anatol Schulz – genannt „Simon Ananas“– aus Opladen mit Kindern übt, wie sie Monster mit einfachen Mitteln zeichnen. Anschließe­nd dürfen sie ihre Werke gerahmt mit nach Hause nehmen.

Insgesamt sind rund 200 Menschen an diesem Samstag aktiv: Zu den Sprayern aus der Unterführu­ng kommen diejenigen, die mit Erlaubnis des Landesbetr­iebs Straßen NRW erstmals auch die Stelzen dekorieren dürfen.

Und was wäre, wenn die Stelzen eines Tages für den Tunnel weichen müssten? „Lieber Stelze statt Tunnel“, scherzt Porsch. Aber ernsthaft denke man schon über Ausweichmö­glichkeite­n nach. Und hoffe für den Nachwuchs, dass es auch künftig einen ähnlich geeigneten Standort geben werde.

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