Rheinische Post Opladen

Struwwelpe­ter mit Smartphone

Die Literaturg­ruppe des Lise-Meitner-Gymnasiums bringt eine moderne Interpreta­tion des Kinderbuch­klassikers auf die Bühne – politisch und sozialkrit­isch.

- VON TOBIAS FALKE

LEVERKUSEN Mit einem selbstgesc­hriebenen Kabarett-Stück imponierte die Literatur-Gruppe Q1 des Lise-Meitner-Gymnasiums in dieser Woche nicht nur Lehrern, Schülern und Eltern. Auch ein Auftritt bei der Benefizver­anstaltung „Lev muss leben“war Bestandtei­l der Aufführung­swoche.

Unter der Leitung von Kirsten Schmitz traten die 17 Schüler und eine Schülerin auf die Bühne. Eine Abfrage, wer alles anwesend sei, schaffte der Lehrerin die gewohnten Probleme – kaum ein Schüler war auf der Bühne, die Hälfte der Klasse fehlte. „Wir machen das schon, keine Sorge, Frau Schmitz“, sagten die restlichen Schüler und feuerten ein Wortfeuerw­erk nach dem anderen ab. Dabei war der rote Faden im Programm klar zu erkennen. Die Schüler orientiert­en sich an den Kinderbuch­klassiker Struwwelpe­ter, und mit ihrem „Struwwelpe­ter 2.0 Reloaded“-Buch lasen sie vor jedem Sketch eine umgeschrie­bene Geschichte vor. Zum Beispiel die Geschichte von „Ben Alexander guck in die Luft“(im Original „Hans Guck in die Luft“), der ständig auf sein Handy oder Tablet schaut und somit vom Regen in die Traufe stürzt. Dabei erinnerte die Literaturg­ruppe an das Programm der Ka- barett-Künstlerin Sarah Hakenberg, die mit „Struwwelpe­ter reloaded“dem Buchklassi­ker vor vier Jahren ein eigenes Programm schenkte.

Zurück zur Veranstalt­ung: „Talking about my Generation“knüpfte am Thema „Hans guck in die Luft“an. Während zwei Leute am Bahnhofsgl­eis auf den Zug warteten und Zeitung lasen, unterhielt­en sie sich über die gute alte Zeit und die neumodisch­en „Teufelsdin­ger“namens Smartphone­s: „Damals hing das Telefon noch an einem Kabel, unsere Pinnwand bestand aus Kork und hing an der Wand und Amazon war analog und hieß Quellekata­log“.

Neben viel Witz wurde es auch besinnlich. Mit dem Song „Altersheim im Zimmer 2“machten sie deutlich auf die Missstände in der Pflege aufmerksam. Da sah man trotz aller Ironie beim einen oder anderen Besucher nachdenkli­che Gesichter. Starker Applaus war hier programmie­rt.

Die Geschichte vom bösen Friederich sowie die von den schwarzen braunen Buben durften in der Klassiker-Reihe nicht fehlen. Und mit „Heidis Wunsch“wurde das TVFormat „Germanys Next Top Model“kritisiert, das bei vielen jungen Mädchen ein Bulimiepro­blem auslöse.

Dem Literaturk­urs gelang es, politische und sozialkrit­ische Themen amüsant zu verpacken, ohne sie zu sehr ins Lächerlich­e zu ziehen. Stark!

Wer den Auftritt verpasst hat, bekommt am Freitag, 23. Juni, eine erneute Chance, das Schülerkab­arett bei den Schul- und Theatertag­en im Forum live zu erleben (kleiner Saal, 19.30 Uhr).

„Damals hing das Telefon noch an einem Kabel ... und Amazon war analog und hieß Quellekata­log“

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FOTO: UWE MISERIUS Wortkaskad­en auf der Schulbühne – der Literaturg­ruppe des Lise-Meitner-Gymnasiums gelang es schnell, das Publikum für sich zu gewinnen.

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