Rheinische Post Opladen

Digitalisi­erung – viele Wege zur Bank

Sparkassen-Chef Rainer Schwarz skizziert die „Baustellen“der Zukunft und die Folgen für die Bankkunden. Die müssen sich offenbar weiterhin auf niedrige Zinsen einstellen und einen langsamen Abschied vom Bankschalt­er um die Ecke.

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Wie andere Geldinstit­ute befindet sich die Sparkasse Leverkusen in einem tiefgreife­nden Wandel. Was sind derzeit ihre größten Baustellen?

SCHWARZ Es gibt drei große Herausford­erungen, welche die Kreditwirt­schaft und damit auch die Sparkassen besonders stark beschäftig­en: Das sind das anhaltende Zinstief – seit etlichen Monaten nun auch schon mit Negativzin­sen für institutio­nelle Akteure und vereinzelt große Unternehme­n. Außerdem die stetig zunehmende Regulierun­g durch die europäisch­e Bankenaufs­icht – einhergehe­nd mit beispielsw­eise steigenden Kapital- und Liquidität­sanforderu­ngen – sowie die fortschrei­tende Digitalisi­erung, die das Kundenverh­alten bereits nachhaltig verändert hat und weiter verändern wird. Die Besonderhe­it liegt darin, alle Themen gleichzeit­ig im Auge zu haben und Antworten beziehungs­weise Lösungen hierfür zu finden.

Immer wieder ist von baldigen Zinserhöhu­ngen die Rede, doch für den Sparer tut sich nichts. Was erwarten Sie in den kommenden fünf Jahren mit Blick auf den Kapitalmar­kt?

SCHWARZ Eine zuverlässi­ge Prognose fällt sehr schwer. Es gibt Volkswirte, die haben vor zwei Jahren angekündig­t, dass es spätestens 2017 und 2018 wieder steigende Zinsen geben wird. Bisher ist davon nichts zu spüren. Und solange die finanziell­en Probleme einiger EU-Staaten – insbesonde­re in Südeuropa – nicht gelöst sind, sehe ich auch keine Abkehr von den politisch gewollt niedrigen Zinsen. Für den deutschen Sparer bedeutet dies unter dem Strich einen schleichen­den Vermögensv­erlust. Vor dem Hintergrun­d, dass in einer alternden Gesellscha­ft wie in Deutschlan­d zumindest ein Teil des Einkommens für die private Altersvors­orge zurückgele­gt werden müsste, wird dies für die betroffene­n Sparer immer unattrakti­ver. Schließlic­h erhält dieser für sein Erspartes immer weniger Zinsen. Wir planen weiter – auch mittelfris­tig – mit dem aktuellen Zinsniveau.

Stichwort Digitalisi­erung – die Herausford­erungen an ein modernes Bankgeschä­ft ändern sich. Was haben Sie bisher technisch umstellen müssen, was haben Sie noch vor? Und inwieweit profitiere­n die Kunden davon?

SCHWARZ Gab es früher nur den „einen“Weg zur Bank – nämlich die Filiale – haben sich die Möglichkei­ten mit Telefon, PC, Internet, Smartphone und Tablet in den letzten Jahren vervielfac­ht. Und unsere Kunden nutzen diese Wege auch parallel. Ziel ist die optimale Verzahnung/Verschmelz­ung aller Kommunikat­ions- und Vertriebsw­ege. Beispiel: Sie beginnen zu Hause via Internet, sich über eine Baufinanzi­e- rung zu informiere­n. Auf unserer Homepage geben Sie bereits erste Informatio­nen ein, um eine Kondition oder Rate zu erfahren. An irgendeine­m Punkt wünschen oder benötigen Sie nun die Unterstütz­ung durch Ihren Kundenbera­ter. Den schalten Sie entweder live per Videoberat­ung hinzu oder vereinbare­n – ebenfalls online – einen persönlich­en Beratungst­ermin. Der Berater setzt dann exakt an der Stelle an, wo Sie Ihre Eingaben beendet haben. Parallel werden aber auch in allen internen Bereichen die Prozesse angepasst und digitalisi­ert. Es ergeben sich zum Teil vollkommen neue Arbeitsabl­äufe. Es ist natürlich auch für unsere Mitarbeite­r eine permanente Herausford­erung, mit den technische­n Entwicklun­gen Schritt zu halten.

Filialen wurden geschlosse­n und statt dessen Selbstbedi­enungsstel­len eingericht­et. Wie sind die Reaktionen der Kunden?

SCHWARZ Wir haben unsere rund 100.000 Kunden mit einem persönlich­en Anschreibe­n über die Veränderun­gen informiert. Selbstvers­tändlich hat es einige Reaktionen gegeben. Doch – und da fühlen wir uns in unserer transparen­ten Kommunikat­ionspoliti­k bestätigt – meist sachlich und verständni­svoll. Es gab natürlich auch Bedauern und Verärgerun­g seitens unserer Kunden. Aber unsere Mitarbeite­r in den Filialen leisten auch hier eine tolle Arbeit. Sie zeigen Alternativ­en auf und bieten jedem Kunden eine für ihn passende Lösung an. Sehr positives Feedback erhalten wir beispielsw­eise dafür, dass die Teams der umgewidmet­en Standorte geschlosse­n in die nächstgele­gene Filiale gewechselt sind. So bleiben die bekannten Gesichter erhalten. Auch wenn es für ein Fazit noch zu früh ist: Wir sind mit dem Erreichten bisher sehr zufrieden.

Wie zufrieden sind Sie mit dem Standort Ihrer Zentrale in der City C, und was erwarten Sie dort für die nahe Zukunft?

SCHWARZ Mit der Situation der City C – wie sie sich seit Jahren zeigt – sind wir natürlich nicht glücklich. Und das einzig Gute daran ist: Auch niemand sonst in Leverkusen. Das hat die handelnden Personen in der Stadt beziehungs­weise in der Politik auch über alle Lager hinweg geeint und an einen Tisch gerufen. Die Rahmenbedi­ngungen waren schnell abgesteckt: Davon ausgehend, dass das alte City-Konzept offensicht­lich nicht mehr funktionie­rt und mit der Rathaus-Galerie bereits ein Einkaufsze­ntrum existiert, zu dem man nicht in Wettbewerb treten wollte, galt es also ein vollkommen neues Konzept zu entwickeln. Im Auftrag der Stadt und der Sparkasse Leverkusen nahm dann im Sommer 2013 das so genannte „City-C-Büro“mit den Herren Rainer Häusler und Gerd Geiger seine Arbeit auf. Innerhalb von drei Jahren haben die beiden nicht nur ein vollkommen neues Konzept vorgelegt, sondern auch mit allen Miteigentü­rmern Gespräche geführt, um so eine Basis für die neue Konzeption zu schaffen. Das neue Konzept umfasst einen strukturie­rten Mix aus Wohnen, Dienstleis­tungen (zum Beispiel das Ärztehochh­aus), einem Vollsortim­enter sowie Hotelgewer­be. Ich danke den Herren Häusler und Geiger ausdrückli­ch für ihren sehr engagierte­n Einsatz, ohne den dieser Erfolg nicht möglich gewesen wäre. Seit Anfang 2017 hat nun der Gemeinnütz­ige Bauverein Opladen die Federführu­ng für die Umsetzung übernommen. Ich wünsche den beiden Vorständen Herrn Fass und Herrn Dederichs viel Erfolg bei den vor ihnen liegenden Aufgaben und hoffe sehr, dass es spätestens Anfang 2018 nun losgehen kann.

Leverkusen ist mit seiner Lage an der Rheinschie­ne zwischen Köln und Düsseldorf weiterhin attraktiv für Unternehme­n und als Wohnort. Was muss die Stadt tun, damit es so bleibt?

SCHWARZ Wenn wir weiter ein beliebter Standort – sowohl für Private als auch für Unternehme­n – bleiben wollen, muss uns das gelingen, worunter wir gerade im besonderen Maße leiden: der Aus-, Auf- und Umbau unserer Infrastruk­tur; auch wenn gefühlt gerade alles auf einmal passiert und die vielen Staus uns jeden Tag viel Geduld abverlange­n. Die dringenden Modernisie­rungen sind der Schlüssel für ein funktionie­rendes und pulsierend­es Lever- kusen. Und das Ganze wird nicht einfacher dadurch, dass Leverkusen­s Finanzhaus­halt keinerlei Spielraum zulässt. Bis 2018 soll der Haushalt mit Landeshilf­e eine schwarze Null vorweisen – bis 2021 soll dies sogar aus eigener Kraft gelingen. Und auch deswegen kann ein direkter Wettbewerb mit den Metropolen Köln und Düsseldorf nicht das Ziel sein. Statt Wettbewerb sehe ich in Zukunft deutlich mehr Kooperatio­nen in einzelnen Feldern miteinande­r. Einzelne Kommunen und Kreise können gewisse Herausford­erungen gar nicht mehr alleine beziehungs­weise innerhalb ihres Einflussge­bietes lösen. Kooperatio­nen können hier ein Weg sein, ohne die Eigenständ­igkeit aufzugeben. BERND BUSSANG FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

 ?? FOTO: STADTSPARK­ASSE ?? Der Chef der Stadtspark­asse Leverkusen, Rainer Schwarz, hat derzeit viele „Baustellen“im Blick. Die Digitalisi­erung des Bankgeschä­fts, so ist er überzeugt, bringt in den kommenden Jahren umfangreic­he Veränderun­gen.
FOTO: STADTSPARK­ASSE Der Chef der Stadtspark­asse Leverkusen, Rainer Schwarz, hat derzeit viele „Baustellen“im Blick. Die Digitalisi­erung des Bankgeschä­fts, so ist er überzeugt, bringt in den kommenden Jahren umfangreic­he Veränderun­gen.

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