Kaarster betreibt „Reichsdruckerei“
Laut Innenministerium gibt es 2000 Reichsbürger in NRW, 143 dürfen Waffen tragen.
DÜSSELDORF Wer in NRW das Deutsche Reich sucht, wird unter anderem in einer Seitenstraße im Kaarster Stadtteil Vorst fündig. Hier, über einer Kfz-Werkstatt, betreibt eine Gruppe Reichsbürger die „Deutsche Reichsdruckerei“– eine Briefkastenfirma für angeblich „echte staatliche Reichsdokumente“. 90 Euro kostet der „Reichs-Reisepass“, 30 Euro die „Reichs-Fahrerlaubnis“. In einer Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage der Grünen wird die Gruppe als eine von sieben aktiven Organisationen im Land genannt, wie „Bild“berichtet.
Erstmals wird die Szene im neuen Verfassungsschutzbericht NRW in einem eigenen Kapitel ausführlich dargestellt.Die meisten bestreiten die Souveränität der Bundesrepublik, sehen sich als legitimer Nachfolger des Deutschen Reichs und schaffen Organisationsstrukturen mit eigenen Ämtern. Doch ihre weitergehenden Intentionen sind vielfältig. Reichsbürger erkennen den Staat nicht an, zahlen deshalb häufig weder Steuern noch Bußgelder.
Ein Teil der rund 2000 Reichsbürger in NRW soll sich radikalisieren und bewaffnen. Eine Abfrage bei den Waffenbehörden im Land ergab laut Innenministerium, dass im Mai 2017 143 bekannte Sympathisanten einen Waffenschein besaßen. Eine gefährliche Kombination: Im vergangenen Jahr erschoss ein Reichsbürger in Bayern einen Polizisten, in Sachsen-Anhalt wurde ein Beamter durch einen Schuss schwer verletzt. In NRW verzeichnete die Polizei in diesem Jahr bislang 20 Delikte durch sogenannte Selbstverwalter – allen voran Fälle von Nötigung, Beleidigung und Urkundenfälschung.
Doch belangt wurde der Besitzer des Geländes, Peter Holzapfel, bislang nicht. „Wir sind nur der Briefkasten“, erklärt er im Gespräch mit unserer Redaktion. Die Aufträge gebe er weiter an einen Mitstreiter im Raum Frankfurt. Dort sollen die ungültigen Dokumente dann produziert und vertrieben werden. Darüber hinaus treffe sich seine „Interessensgemeinschaft“in Nordrhein-Westfalen regelmäßig mit sieben bis zehn Leuten in Mönchengladbach. Holzapfel sagt: „Bundesweit sind wir viele.“