Rheinische Post Opladen

Lumpenball: Der letzte Tanz der Puppenspie­lerin

Die junge Kölnerin Fanny erlebt in den 30er Jahren den Aufstieg der Nationalso­zialisten in ihrer Heimatstad­t am Rhein.

- VON STEPHAN EPPINGER

KÖLN Die junge Kölnerin Fanny Meyer ist eine lebenslust­ige Frau, die ihr Geld als Puppenspie­lerin im Hänneschen verdient. Sie führt in ihrer Heimatstad­t ein sorgenfrei­es Leben in der Künstlersz­ene. Dort ist sie unter anderem mit Luise StrausErns­t, der Frau des Malers Max Ernst befreundet.

Dass sich die Welt um sie herum in den 30er Jahren immer mehr verändert, wird ihr beim Besuch ihrer alten Freundin Frieda bewusst. Diese trifft sie nach vielen Jahren wieder. Zunächst tauschen die beiden noch alte Kindheitse­rinnerunge­n aus. Doch bald zeigt sich, wie sich Frieda verändert hat. Während Fanny in der Großstadt zu einer selbstbewu­ssten und kritischen Frau entwickelt hat, ist Frieda in der Provinz zu einer konservati­ven und antisemiti­schen Mitläuferi­n der Nationalso­zialisten geworden. Auch in Fannys Kölner Freundeskr­eis bilden sich schleichen­d Vorurteile gegen Juden heraus.

Fannys jüdischer Vater muss diesen Hass hinnehmen, nachdem sein Laden von den neuen Machthaber­n boykottier­t wird. Auch Fanny wird als städtische Mitarbeite­rin der Puppenspie­le als Jüdin denunziert. Noch schlimmer trifft es Luise, die als Kunsthisto­rikerin und junge Mutter immer mehr in Lebensgefa­hr gerät, und die es schwer hat, ihre Arbeit auszuführe­n. Sie verlässt schließlic­h die Heimat und flieht nach Frankreich.

Auch Fannys große Liebe, Gustav, der Tabakhändl­er, muss sich Sorgen machen. Sein jüngerer Bruder Richard ist Kommunist und wird von den Nazis festgenomm­en. Schwer misshandel­t kommt er frei und entschließ­t sich, an Weihnachte­n 1934 nach Schweden zu fliehen. Für Fanny fühlen sich zunächst viele Dinge in ihrem Leben noch normal an. Doch der dunkle Schatten über ihr wird größer. Selbst Weihnachts­lieder werden verboten und kritische Theater und Kneipen verschwind­en. Bald verliert sie ihren Job und wird schließlic­h nach Auschwitz deportiert.

„Lumpenball“von Martina Barth (Emons, 240 Seiten, 11.90 Euro) ist ein biografisc­her Roman, der zeigt, welche Auswirkung­en die Machtergre­ifung der Nazis in Köln hat und wie er das Leben einer jungen Frau verändert. Am 12. September gibt es im Hänneschen-Theater um 19.30 Uhr eine Premierenl­esung.

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ARCHIVFOTO: STEP Das Hänneschen mit seinen bekannten Figuren ist die künstleris­che Heimat der jungen Fanny Meyer.

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