Rheinische Post Opladen

Wagenknech­ts Wahlübung in der Provinz

- VON SIDNEY-MARIE SCHIEFER

LEICHLINGE­N „Veni, vidi, vici“, lautet das bekannte römische Sprichwort. „Kommen, sehen, siegen“. Zumindest eine dieser drei Möglichkei­ten hat sich für Sahra Wagenknech­t schon erledigt: Gekommen ist sie zwar (im zweiten Anlauf, nachdem sie beim ersten Mal wegen Unwetterwa­rnung lieber in Berlin geblieben war). Und ob sie siegt, ist zweifelhaf­t, auch wenn man es erst am 24. September genau erfahren wird.

Aber soviel wurde am Samstag bei ihrem Wahlkampf-Auftritt in Leichlinge­n deutlich: Zeit, sich ein Bild von der Stadt zu machen, also zu „sehen“, hatte die Vorsitzend­e der Bundesfrak­tion der „Linken“nicht eingeplant. Terminstre­ss. „Das ist das Traurige im Wahlkampf“, räumte sie im Pressegesp­räch ein: „Man besucht so viele Städte, hat aber kaum Zeit, sie sich richtig anzuschaue­n.“

Entspreche­nd universell einsetzbar war die Rede: Auf der Bühne an der Postwiese wetterte Sahra Wagenknech­t wenig später gegen die anderen Parteien, forderte eine Vermögenss­teuer und den Ausbau von Kindergart­enplätzen. In ihren Ausführung­en zur Bundestags­wahl am 24. September ging sie stets nur auf das allgemeine Wahlprogra­mm der Linken ein. Aussagen zu landesspez­ifischen Themen überließ sie den anderen Rednern. Dabei hatte die Volkswirti­n, Publizisti­n und Politikeri­n im Interview zuvor noch betont, sie sehe die Lohnfrage als eines der wichtigste­n Themen in NRW an. „Hier haben ganz viele Menschen das Gefühl, von ihrer Arbeit nicht mehr leben zu können. Auch jungen Menschen geht es teils schon so“, sagte Wagenknech­t.

Lucie Misini ist Kandidatin der Linken im Rheinisch-Bergischen­Kreis. Auch sie durfte sich vorstellen und sagen, was ihr „am Herzen liegt“: „In unserem Wahlkreis hat für mich der Schulausba­u Priorität“. Sie wolle nicht, dass Schulen und Kindergärt­en weiter privatisie­rt würden. „Wir sollten lieber selbst Geld in die Hand nehmen.“Wagenknech­t stieg sofort darauf ein: Dieses Geld könne nur von den Reichen kommen, betonte sie in ihrer Rede. „Die Linke ist die einzige Partei, die sich noch traut, eine Vermögenss­teuer zu fordern“, sagte sie. „75 Prozent auf jeden Euro oberhalb einer Million“, so steht es im Wahlprogra­mm.

Einige Zuhörer wie etwa der Leichlinge­r Arndt Weyers merkten nach der Rede an, eine Reichenste­uer hielten sie für nicht für durchsetzb­ar. Weyers war trotzdem positiv überrascht vom Auftritt: „Sie wirkt wesentlich sachlicher als im Fernsehen“, bemerkte er. Da war Wagenknech­t allerdings schon wieder weg.

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