Der persönliche Einsatz macht den Unterschied
LEVERKUSEN Politikwissenschaftler Tim Spier, Juniorprofessor an der Universität Siegen, analysiert die Diskrepanz zwischen dem Erststimmen-Ergebnis des SPD-Kandidaten Karl Lauterbach und den Zweitstimmen für die SPD in Leverkusen.
Die CDU ist bei den Zweitstimmen stärkste Partei in Leverkusen, doch der SPD-Kandidat Karl Lauterbach hat seinen christdemokratischen Kontrahenten Helmut Nowak bei den Erststimmen um mehr als acht Prozent abgehängt. Im Wahlkampf hatte er das Thema Feinstaubbelastung in Verbindung mit der Forderung nach einem langen Autobahntunnel für die Stadt zu seinem Hauptanliegen gemacht, unter anderem mit acht großen Bürgerversammlungen. Ist Lauterbach der Beweis dafür, dass persönliches Engagement und Themen-Wahlkampf tatsächlich ein Mittel sind, selbst deutliche Trends noch zu drehen?
SPIER Absolut. Wenn man sich das Wahlergebnis bundesweit anschaut, findet man immer wieder Beispiele dafür, dass der persönliche Einsatz des Kandidaten für viele Wähler eine wichtige Rolle spielt.
An wen denken Sie da?
SPIER Aktuelle Beispiele sind Cem Özdemir, der in seinem Wahlkreis Stuttgart I mit 29,7 Prozent der Erst- stimmen fast das Direktmandat geholt hätte, oder der frühere LinkenFraktionsvorsitzende Gregor Gysi, der seinen Berliner Wahlkreis Treptow-Köpenick mit 39,9 Prozent direkt gewonnen hat. Auch von HansChristian Ströbele (Grüne) ist bekannt, dass er mehrfach in seiner aktiven Zeit als Bundestagsabgeordneter Direktmandate geholt hat, obwohl er nur einer kleinen Partei angehört – 2005 etwa gewann er mit 43,2 Prozent der Erststimmen.
Inwieweit können solche Ausnahmeerscheinungen ihrer Partei nutzen?
SPIER Aktuell nutzt das Ergebnis von Karl Lauterbach der SPD nur wenig, weil ja ein anderer Kandidat auf der Reserveliste durch ihn verdrängt wird. Aber natürlich können solche politischen Charaktere mit Gespür für Themen und hohem persönlichen Einsatz auf lange Sicht ganz wichtig für ihre Parteien sein.