Rheinische Post Opladen

Bayer-Größe Berners mahnt Konzern zur Ruhe im spanisch-katalanisc­hen Streit

Bayer ist ebenso wie Covestro in der abtrünnige­n Provinz vertreten. Immer mehr Unternehme­n drohen mit Weggang.

- VON PETER CLEMENT

LEVERKUSEN/BARCELONA Der ehemalige Bayer-Manager und CDUPolitik­er Franz-Josef Berners hat den Leverkusen­er Konzern und alle anderen in Katalonien ansässigen deutschen Unternehme­n dazu aufgerufen, im Streit um die Abspaltung der Provinz von der Republik Spanien Ruhe zu bewahren.

Es gebe keinerlei Grund, jetzt mit Abwanderun­gs-Szenarien weiteres Öl ins Feuer zu gießen, sagte Berners gestern auf Anfrage unserer Redaktion. Die zwei größten Banken der Region haben bereits ihren Abzug aus Katalonien erklärt, auch andere Unternehme­n erwägen einen solchen Schritt, sollte die Provinzfüh­rung in Barcelona tatsächlic­h wie geplant in den kommendenn Tagen die Unabhängig­keit von Spanien erklären.

Auch Bayer ist in Barcelona vertreten, dem Vernehmen nach unter anderem mit 400 Innendiens­t-Mitarbeite­rn des Service-Bereichs. Covestro betreibt in Katalonien zwei Standorte und beschäftig­t dort derzeit rund 330 Mitarbeite­r. Der Standort in Barcelona (Zona Franca) ist spezialisi­ert auf die Herstellun­g von Rohstoffen für Kunstharze und Lacke. In Tarragona betreibt der Werkstoffh­ersteller unter anderem Infrastruk­tureinrich­tungen.

Dort gingen am Wochenende ebenso wie überall im Land zigtausend­e Menschen auf die Straße, um zum Dialog zwischen den Separatist­en und der spanischen Zentralreg­ierung aufzurufen. Viele Teilnehmer trugen spanische, katalanisc­he und europäisch­e Fahnen und riefen „Katalonien ist Spanien“. Einige forderten die Festnahme von Regionalpr­äsident Carles Puigdemont. Katalonien habe mehr zu verlieren als Spanien, weil Unternehme­n schon jetzt in andere Regionen abwanderte­n, sagte eine Demonstran­tin.

Genau davor warnt allerdings Berners. Der Lützenkirc­hener, der als Leiter des Bereichs „Regionale Koordinier­ung“in der Bayer Holding zu den einflussre­ichen Mitarbeite­rn des Konzerns zählte, reiste teilweise 100 Tage pro Jahr rund um den Globus, um die vielen BayerGesel­lschaften auch im Ausland wirtschaft­lich und politisch auf Kurs zu halten. Das brachte ihm zu seiner Dienstzeit die Bezeichnun­g „Außenminis­ter von Bayer“ein.

Noch heute verfolgt der Pensionär insbesonde­re die Entwicklun­g an den spanischen Standorten mit gro- ßem Interesse. Und er warnt ausdrückli­ch: „Weder Bayer, noch andere deutsche Unternehme­n, sollten sich dazu hinreißen lassen, in der jetzigen Situation mit ihrem Abzug aus Katalonien zu drohen.“Immerhin habe sich die Mehrheit der Katalanen an der Abstimmung über die Unabhängig­keit überhaupt nicht beteiligt. Es sei also davon auszugehen, dass auch in den Unternehme­n ein großer Teil der Belegschaf­t überhaupt kein Interesse an den separatist­ischen Plänen ihrer Regierung zeige.

Der frühere Redaktions­leiter der Rheinische­n Post Leverkusen, Ulrich Schütz, erlebte eine der vielen Großdemons­trationen der schweigend­en Mehrheit, die zum Dialog aufruft, am Samstag in Tarragona. Er war auch gestern noch sichtlich beeindruck­t von der Entschloss­enheit der Menschen, sich nicht mehr von den Streithähn­en in Madrid und Barcelona ihre Zukunft diktieren zu lassen.

Schütz, der Verwandte in Katalonien besucht, hatte bereits vor Tagen klare Worte zum Verhalten der Regionalre­gierung gefunden: „Was hier an demokratis­chen und juristisch­en Regeln gebrochen wird, ist unglaublic­h“, schrieb er. Hass, Fanatismus und Hatz auf Andersdenk­ende seien in einer Weise zu spüren, „wie ich es bisher nicht kannte.“

 ??  ?? Bayers Außenminis­ter Dr. Franz-Josef Berners – hier mit Bundeskanz­ler Helmut Kohl – saß von 1979 bis 1986 als Fraktionsv­orsitzende­r für die CDU im Stadtrat.
Bayers Außenminis­ter Dr. Franz-Josef Berners – hier mit Bundeskanz­ler Helmut Kohl – saß von 1979 bis 1986 als Fraktionsv­orsitzende­r für die CDU im Stadtrat.

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