Rheinische Post Opladen

Heimatlich­er Klang zum Schneegest­öber

- VON MONIKA KLEIN

LEVERKUSEN Sie danke dem lieben Gott, dass es jetzt erst zu schneien beginne – so begrüßte Ingrid Mayer das Publikum zur Matinee in der Reihe Leverkusen­er Musiker. Hätte der Wintereinb­ruch zwei Stunden früher begonnen, wäre der StudioSaal im Erholungsh­aus vermutlich nicht so voll besetzt gewesen. Mit Verklingen des letzten Akkords lag Wiesdorf bereits unter einer dicken Schneedeck­e versteckt. Aber zum Glück hatte es niemand weit, auch nicht die Musik. „Warum in die Ferne schweifen?“hatte das Ensemble Mel Bonis sein Programm überschrie­ben, das weder französisc­he Werke noch eines der namensgebe­nden Komponisti­n enthielt. Dieses Mal kam die Musik vorwiegend aus Leverkusen und zum Finale aus Düsseldorf vom Wahl-Rheinlände­r Robert Schumann.

Begonnen wurde mit einer Uraufführu­ng im Beisein des Komponiste­n Stefan Esser. Dem übergab Moderatori­n Ingrid Mayer gleich das Mikro, schließlic­h könne er am meisten zu seinem Werk sagen. Seine zwei Elegien für Klaviertri­o sind bereits im vergangene­n Jahrhunder­t entstanden. Ein schwebende­r Nachtgesan­g, von der Gattung hat Esser inzwischen fünf Nachfolger geschriebe­n, lässt drei melodische Stimmen in spätromant­ischer Klangsprac­he kommunizie­ren. 1998 schrieb er seinen „Tagtraum“als Bühnenmusi­k für die Produktion „Leonce und Lena“, doch dann war die Geigerin erkrankt und die Aufführung konnte nicht wie geplant stattfinde­n. Fast 20 Jahre hat es nun bis zur Uraufführu­ng gedauert, dieses Mal mit gesundem Geiger. Gregor Huber, hauptberuf­lich Physiker, spielte die sinnliche Streicherm­elodie seinem Partner Martin Römer am Cello zu, der werktags als Kinderarzt in Köln arbeitet. Friedwart Goebels legte eine beständig wandernde Klavierbeg­leitung darunter. Er ist hauptberuf­lich Musiker, ebenso wie Kerstin von Bargen, die erst zum Höhepunkt in der Quintettbe­setzung an der ersten Geige dabei war. Bratschist und Verwaltung­sjurist Stephan Seeliger erweiterte das Ensemble beim zweiten, 35 Jahre alten Stück eines gebürtigen Opladeners.

Der 2006 verstorben­e Musiker Franz Xaver Gardeweg war seiner Heimat so verbunden, dass er sein zweites Streichqua­rtett als Hom- mage auf das Bergische Land anlegte. Ein wenig introverti­ert zu Beginn, aber mit interessan­ten Effekten wie „plappernde­n“Saiteninst­rumenten und leise vibrierend­en Andante zeichnete er die Region. Im dritten Satz zitierte er vielfach das Bergische Heimatlied, von dem ein kleiner Ad hoc-Chor zuvor zwei Strophen vorgesunge­n hatte. Mit der Melodie im Ohr waren die An- spielungen umso besser zu erkennen, trotz bewusster Verfremdun­gen. Bei Robert Schumanns Quintett Es-Dur op. 44, das in einem Schaffensr­ausch innerhalb von fünf Tagen entstand, war das Ensemble dann vollständi­g. Voller Spielfreud­e nahmen sie sich dieses Stücks an, dessen „Kraft und Frische“Clara Schumann in ihrem Tagebuch hervorgeho­ben hatte.

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FOTO: MISERIUS Das Ensemble Mel Bonis wählte bei seinem Konzert im Erholungsh­aus Stücke aus heimatlich­en Gefilden, darunter eine Uraufführu­ng des Komponiste­n Stefan Esser.

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