Depeche Mode spielen Revolution
Die britische Band gab in Köln ein großartiges Zusatzkonzert vor 17.000 Fans.
KÖLN Das Konzert von Depeche Mode beginnt mit einem Schrei von John Lennon. Es ist der Schrei, den der Beatle dem Song „Revolution“voranstellt. Zum ersten Mal sehen die 17.000 Fans in der ausverkauften Kölner Arena dazu die animierten dürren Beine in Stiefeln über die riesige Videowand laufen, die auch das Cover des aktuellen DepecheMode-Albums „Spirit“zieren. Gegen Ende des Konzerts kehren sie zurück – als Depeche Mode mit einem der neuen Songs fragen: „Where’s The Revolution“?
Wo sich John Lennon allerdings klar gegen eine destruktive Entladung von Hass und Wut ausspricht, ist der Besucher bei Depeche Mode wie so oft gefangen in der Widersprüchlichkeit dieser Welt. Dave Gahans Worte klingen tatsächlich wie ein Aufruf zu revolutionärem Handeln, auf dem Schlagzeug von Christian Eigner prangt dazu gut sichtbar ein Peace-Zeichen – wie bei einer Hippie-Rockband.
Die Mitglieder von Depeche Mode sind allerdings keine Hippies, sie sind die Hohepriester der Dunkelheit – und seit den 1980er-Jahren eine der größten Rockbands der Welt. So groß, dass sie immer auf Tour gehen können und Hallen aller Größenordnungen ausverkaufen. Die aktuellen Hallenkonzerte sind Teil der Verlängerung ihrer erfolgreichen „Global-Spirit“-Stadiontour, die im Sommer weltweit drei Millionen Menschen besucht haben, obwohl auch Fans die Songs des neuen Albums eher gemischt aufgenommen haben. Zu düster, zu wenig synthie-poppig, hieß es.
Live spielen Depeche Mode deshalb vor allem die wenigen Stücke, mit denen sie an Großtaten wie „Enjoy The Silence“, das wie immer kurz vor Schluss kommt, anknüpfen. „Going Backwards“oder „Where’s The Revolution“, deren dunkler, hypnotischer Beat eine magische Anziehungskraft ausübt.
Die meiste Zeit des rund zweistündigen Auftritts ist allerdings für Hits wie „Useless“oder „Precious“reserviert, ein starker Höhepunkt ist das mit Dringlichkeit vorgetragene „Everything Counts“, bei dem Dave Gahan das irrwitzige Zerrbild eines Superstars abgibt – ein Bild aus Schweiß, zerfledderten Klamotten und einem schmierigen Oberlippenbart. Doch nichts davon könnte seinen Status als Idol für die Massen zerstören. In seinem Solopart zeigt sich dann allerdings auch, wer der wahre Hohepriester von Dunkelheit und Melancholie in der Band ist: Martin Gore, der Haupt-Songwriter, der meist im Hintergrund agiert.