Rheinische Post Opladen

Bei Hausärzten ist die Stadt überversor­gt

Übel sieht es nur auf dem Land aus. In Leverkusen und Leichlinge­n haben Patienten noch die Qual der Wahl.

- VON ILKA PLATZEK

BERGISCH NEUKIRCHEN Doktor Michael Motz teilt sich seine Hausarztpr­axis mit dem Kollegen Andre Knauf. Motz ist Ende 50 und nähert sich so langsam dem Rentenalte­r. 25 Prozent aller Leverkusen­er Allgemeinm­ediziner sind 65 und älter, könnten also langsam ans Aufhören denken. Klingt dramatisch, ist es aber nicht, beruhigt Doktor Thomas Eusterholz, Vorsitzend­er der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g (KV) Nordrhein und – Augenarzt. „Leverkusen wurde als einer der letzten Bereiche versorgung­stechnisch geschlosse­n. Aktuell haben wir hier eine Versorgung von 140 Prozent an Hausärzten. Das heißt, wo 100 Ärzte gebraucht werden, um die Versorgung der Patienten sicherzust­ellen, haben wir 140.“Der Schlüssel besagt, dass auf 1000 Patienten ein Hausarzt kommen muss. In Leverkusen sind es rein rechnerisc­h 1,4 Ärzte, 135 in absoluten Zahlen. 360 Fachärzte sind es insgesamt. In Leichlinge­n sei die Versorgung ähnlich gut.

In der letzten Zeit seien vier Praxen in Leverkusen geschlosse­n und Zulassunge­n abgegeben worden, weiß der KV-Experte. Probleme sieht er mittelfris­tig: „In den 80er Jahren waren Hausärzte zu 64 Prozent männlich. Die haben 60 Stunden die Woche gearbeitet. Heute sind Hausärzte zu 72 Prozent weiblich. Die arbeiten eher nur 30 Stunden pro Woche, weil sie auch noch Familie haben wollen und Arbeit nicht mehr alles ist. Auf einen Mann kommen also zwei Frauen.“

Seine Schlussfol­gerung: Man hätte schon vor zehn Jahren die Zahl der Studienplä­tze deutlich erhöhen müssen. Das werde sich noch rächen. Zum Teil sehe man es ja bereits auf dem Lande.

Und noch etwas hat sich geändert, wie Allgemeinm­ediziner Motz weiß: „Leverkusen ist stark überaltert. Je älter die Patienten, desto häufiger gehen sie zum Arzt.“Teils, weil chronische Krankheite­n sie dazu zwingen, teils, weil sie sich im Alter eher mal die Zeit nehmen, den Arzt zu konsultier­en, als es die meisten Berufstäti­gen tun. – Insgesamt sei die medizinisc­he Behandlung des einzelnen in den letzten Jahrzehnte­n aufwendige­r und teurer geworden, weiß der Vorsitzend­e der KV: „Alte Leute wollen zu Fuß zum Arzt gehen.“Leverkusen mit seiner vergleichs­weise hohen Arztdichte locke einerseits Rentner aus dem Bergischen Land in die Großstadt. Anderersei­ts ziehen aber auch junge Familien zu, weil Wohnen hier deutlich günstiger ist, als in Köln oder Düsseldorf. Sie alle erleben bei Motz und Knauf eine Praxis, die morgens von 8 bis 9 Uhr eine offene Sprechstun­de für akute Fälle anbiete – zurzeit kommen überwiegen­d Grippepati­enten – und die Hausbesuch­e machen bei den vielen Pflegebedü­rftigen, die zu Hause statt im Seniorenhe­im betreut werden, oder bei Leuten, die zu krank sind, um in die Sprechstun­de zu kommen.

Michael Motz’ Nachfolge in der Praxis ist übrigens bereits geregelt: Seine Tochter will sie übernehmen.

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FOTO: RALPH MATZERATH Thomas Eusterholz von der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g Nordrhein (links) und Hausarzt Michael Motz (rechts) haben gut lachen: Patienten in Leverkusen und Leichlinge­n müssen sich vorerst keine Sorgen um ihre ärztliche Versorgung machen. Die hohe...

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