Schulze Föcking räumt Fehler ein
Die unter Beschuss stehende NRW-Landwirtschaftsministerin muss sich wohl einem Untersuchungsausschuss stellen.
DÜSSELDORF Die angeschlagene NRW-Umweltministerin Christina Schulze Föcking (CDU) wird sich wegen ihrer Affären vor einem Untersuchungsausschuss des Landtags verantworten müssen. Maßgebende Politiker von SPD und Grünen kündigten gestern an, ihren Fraktionen entsprechende Beschlüsse für Sitzungen am kommenden Dienstag zu empfehlen. „Was wir heute erlebt haben, ist eine Farce“, sagte Christian Dahm (SPD) gestern nach je einer Sitzung des Justizausschusses und des Umweltausschusses, die sich beide mit den Vorwürfen gegen Schulze Föcking befasst hatten.
Im Umgang mit dem vermeintlichen Hackerangriff auf ihr privates Computernetzwerk, auf den Ermittler aber keine Hinweise finden konnten, räumte die Ministerin gestern im Umweltausschuss Fehler ein. Es wäre besser gewesen, wenn sie dem Landtag früher „einen informellen Hinweis“gegeben hätte, dass die Staatsanwaltschaft nicht von einem Angriff ausgehe, sagte die Ministerin. Schulze Föcking hatte erst am Montag geradegerückt, dass es Mitte März doch keinen Hacker-Angriff auf ihr heimisches Computer- und TV-Netzwerk gegeben habe. Spätestens am 29. März 2018 stand für die Ermittler fest, dass es keinen Anfangsverdacht auf einen unberechtigten Zugriff Dritter auf die IT-Geräte des Haushalts Schulze Föcking gegeben hat.
Nach Angaben von Grünen-Fraktionschefin Monika Düker soll sich der Ausschuss mit drei Themen beschäftigen: Dem angeblichen Tiermast-Skandal auf dem Familienbetrieb der Ministerin und dem Wahr- heitsgehalt der Äußerungen, die Schulze Föcking zu den Besitzverhältnissen des Hofes gemacht habe. Ferner mit den aus Sicht der Grünen fehlenden und widersprüchlichen Aussagen der Ministerin zu den Hintergründen der von ihr aufgelösten „Stabsstelle Umweltkriminalität“im Umweltministerium. Und schließlich „mit der Tatsache, dass die Ministerin sich im Landtag noch als Opfer einer Hackerattacke stilisiert hat und die Solidaritätsbekundungen der Fraktionen entgegengenommen hat, als sie längst gewusst haben muss, dass die Ermittler für einen solchen Hacker-Angriff keine Hinweise gefunden haben“, so Düker. Nach der Anzeige bei der Polizei hatten sich alle Landtagsfraktionen mit der Ministerin solidarisiert und den vermeintlichen Angriff auf ihre Privatsphäre verurteilt – ebenso in Plenarsitzungen in der letzten Aprilwoche.
Zuvor war die „Hacker-Affäre“auch schon Thema im Rechtsausschuss des Landtages, in dem es auch um Angaben in dem Fall von Regierungssprecher Christian Wier- mer ging. Am Dienstag hatte Wiermer erklärt, der Staatskanzlei und der Landesregierung hätten neben der reinen Polizeimeldung (WEMeldung) weitere Informationen vorgelegen, die die damalige Bewertung nahegelegt hätten, dass es kriminelle Attacken gegen die Privatsphäre der Ministerin gegeben hatte, als man eine Solidaritätserklärung für die Ministerin verfasste und als er selber von „offenkundig kriminellen Eingriffen in die Privatsphäre der Ministerin“sprach. Gefragt, um was für Informationen es gehe, sagte er, dies dürfe er nicht sagen. Ein Sprecher von Justizminister Peter Biesenbach (CDU) erklärte jedoch gestern, dass man keine Kenntnis über weitere Informationen habe. „Wir kennen nur die WEMeldungen. Mehr nicht“, sagte der Sprecher unserer Redaktion.
Im März hatte die Staatskanzlei mitgeteilt, auf Schulze Föckings Fernsehgerät sei plötzlich eine Aufnahme zu sehen gewesen, in der es um den Vorwurf der Tierquälerei im heimischen Schweinemastbetrieb ging. „Nach Informationen der nordrhein-westfälischen Ermittlungsbehörden hat es von bisher unbekannter Seite Versuche gegeben, auf persönliche Daten der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz, Christina Schulze Föcking, zuzugreifen. Mindestens teilweise waren die Versuche demnach auch erfolgreich“, erklärte der Regierungssprecher am 16. März.
Nicht nur die Opposition fragte sich damals, woher der Regierungszeitpunkt schon so viele Informationen haben konnte. Auf Anfrage erklärte die Staatskanzlei dazu gestern: „Die Staatsanwaltschaft Köln hat am 17. März gemeinsam mit dem Landeskriminalamt NRW eine Presseerklärung herausgegeben, aus der hervorgeht, dass die für Cybercrime zuständige Ansprechstelle das justizielle Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit der Datenausspähung zum Nachteil von Ministerin Schulze Föcking übernommen“hat. Grundlage sei laut Staatsanwaltschaft Köln der Verdacht eines Hackerangriffs auf das private IT-Netzwerk eines Mitglieds der Landesregierung gewesen. Seither liege die Verfahrensund Kommunikationshoheit bei der Staatsanwaltschaft, teilte die Staatskanzlei mit.
Zudem sei die Staatskanzlei von Schulze Föcking zeitnah im April in Kenntnis gesetzt worden, dass ihr von der Staatsanwaltschaft zuvor ein vorläufiges Ergebnis der Ermittlungen mitgeteilt worden sei. Dies sei verbunden mit dem Hinweis gewesen, dass der Vorgang noch nicht abgeschlossen sei. Weitere Details über den Stand der Ermittlungen habe man durch den Bericht der Landesregierung, den das Justizministerium am 7. Mai dem Rechtsausschuss des Landtages übersandt hat, erfahren, so die Staatskanzlei.