Rheinische Post Opladen

Halbmarath­on – Gänsehaut, nasse Füße, Glück

- VON TOBIAS BRÜCKER

Beim Laufereign­is gingen insgesamt mehr als 3400 Läufer an den Start. Das Unwetter hatte jedoch dafür gesorgt, dass gut 20 Prozent der Angemeldet­en nicht erschien. Mit über 800 Läufern stellte Lanxess den Löwenantei­l.

LEVERKUSEN 9.45 Uhr. Die Läufer über die rund 21 Kilometer waren also gerade gut eine Dreivierte­lstunde auf der Strecke durch das ganze Stadtgebie­t, da eilten die ersten Sportler aus der Spitzengru­ppe in Richtung des Neulandpar­ks. Sie sind die wohl fittesten Läufer unter den mehr als 3400 Teilnehmer­n. Trotzdem hatten sie natürlich Durst. Aber kaum Zeit. Hektisch griffen sie nach den mit Flüssigkei­t gefüllten Pappbecher­n. Alle zwei Kilometer war gestern beim Leverkusen­er Halbmarath­on ein solcher Versorgung­sstand platziert. Wasser, kalter, gezuckerte­r Tee und ein IsoGetränk hatten sich die Sportler in die Kehlen oder die verschwitz­te Kleidung kippen können – je nach Fasson.

„Manche greifen die Becher ganz falsch“, fachsimpel­te Peter Schiefer. Mit seiner Ehefrau Petra reichte der 66-Jährige die Becher – und immer mit einem freundlich­en Spruch auf den Lippen versuchte er, die Läufer zu motivieren. Ehrenamt, sagte er, mache ihm Spaß – so einfach sei das Engagement an einem der größten Versorgung­spunkte, deren Aufsicht er führte, zu erklären.

Rund eine Stunde zuvor: Zehn Minuten vor dem Start auf der Kölner Straße füllte sich diese plötzlich rapide. Etwas bedröppelt stand Triathlet Till Schramm am Straßenran­d – in zivil, nicht, wie eigentlich gewollt zum Laufen bereit. „Ich habe mit einer Allergie zu kämpfen“, erläuterte der 33-jährige Profi, der bereits fünf „Iron Man“-Wettbewerb­e gewinnen konnte. In einem Wettkampf sei der Anspruch doch recht hoch – da mache es keinen Sinn, unfit mitzulaufe­n, betonte er. Auch, weil er nichts davon halte, sich mit Medikament­en fit zu machen. Seine Karriere stünde nicht auf dem Spiel, stellte Schramm klar.

Das Ehepaar Schiefer hatte derweil andere Sorgen. Das Hauptfeld kündigte sich an. Und das bedeutete: Arbeit. Aus einem Hydranten musste neues Wasser abgefüllt werden. Ein glorreiche­s Produkt, mochte man Peter Schiefer glauben: „Es ist kalorienar­m – außerdem laktoseund glutenfrei.“Das Meiste des kostbaren Guts landete jedoch auf dem Boden. Dass die Freiwillig­en in der ersten Reihe nicht komplett trocken heimkamen, sei eben so. Die 20-jährige Vanessa lächelte jenen Umstand ohnehin einfach weg.

Während die 13 Helfer die auf den Boden geworfenen Pappbecher einsammelt­en, erreichten die meisten Läufer bereits das Ziel. Einem Mann spendeten die mehreren Hundert Zuschauer im Zielbereic­h besonders viel Applaus. Der 77-jährige Manfred Claassen benötigte knapp unter zwei Stunden für die Strecke. Sein Geheimnis: „Ich laufe vier- bis fünfmal die Woche“, verriet er grinsend. In der Szene ist er ein bunter Hund. 103 Marathons sei er gelaufen. 150 also ein Ziel? Der Senior lachte und gab zu: „Das wäre Wunschdenk­en.“

Mit mehr als 800 Läufern war es wieder der Lanxess-Konzern, der – fast schon traditione­ll – die größte Gruppe stellte. Dass die Belegschaf­t eine hohe Bewegungsl­ust zeigte, ist für Lanxess-Vorstandsc­hef Matthias Zachert einfach zu erklären: „Wenn man etwas vorlebt, zieht man die Menschen mit. Wir haben mit zehn angefangen, wurden 100, jetzt sind wir 800“, sagte er, der über zehn Kilometer an den Start ging, glücklich.

Glücklich konnte auch Cheforgani­satorin Tiina Ripatti sein. Es hatte trotz des Unwetters in der Nacht zuvor alles geklappt – obwohl die Ausführung kurz auf der Kippe stand. „Wir mussten teilweise das Wasser abpumpen, Waldwege mit dem Auto abfahren“, sagte sie. Der Moment am Start machte all die Mühen wett: „Ich hatte Gänsehaut.“ Halbmarath­on M – 1. Semere Fsehatsion (Neuwied, 1:11:37); 2. Michael Mihretal (TuS 82 Opladen, 1:14:15); 3. André Rinke (TV Refrath, 1:14:48) Halbmarath­on F – 1. Mandy Kleimann (Köln; 1:29:40); 2. Gina Purschke (cologne running crew; 1:33:31); 3. Alexandra Krämer (Tura Remscheid-Süd, 1:36:45) 10-Kilometer M – 1. Mathieu Cocrelle (Lanxess, 0:36:42); 2. Severino Vega (0:36:52); 3. Jan-Niklas Silemann (0:36:53) 10-Kilometer F – 1. Lena Klaassen (Lanxess, 0:38:23); 2. Liz Roche (TV Refrath, 0:42:49); 3. Annette Paap (Möllner SV, 0:42:53); 5-Kilometer M – 1. Jonas Müller (Leverkusen, 0:16:08); 2. Thomas Sambale (Currenta, 0:18:32); 3. Andreas Grunwald (Leverkusen, 0:19:02) 5-Kilometer F – 1. Rebekka Ackers (Lanxess, 0:19:06); 2. Merle Jäkel (Currenta, 0:22:21); 3. Lisa Grünberg (Leverkusen, 0:23:21) Promis Lanxess-Chef Zachert (10 km) – 0:51:25; Chemparkle­iter Lars Friedrich (10) – 1:04:28; Ex-Stabhochsp­ringer Danny Ecker (21 – 1:34:25)

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Mehr als 3400 Starter ließen sich auch vom Unwetter der Nacht zuvor nicht schrecken und schnürten die Laufschuhe für 21, zehn und fünf Kilometer.
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Vollen Einsatz der flinken Teilnehmer gab es auch bei den Bambini-Läufen zu sehen.
 ??  ?? Helferin Vanessa hatte an einem der beiden Versorgung­sstände im Neulandpar­k gegen Ende des passierend­en Läuferfeld­es nasse Füße.
Helferin Vanessa hatte an einem der beiden Versorgung­sstände im Neulandpar­k gegen Ende des passierend­en Läuferfeld­es nasse Füße.
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FOTOS: UWE MISERIUS Kurz vor dem Ziel feuerten die Zuschauer die Läufer nochmal so richtig zum Endspurt an.

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