Rheinische Post Opladen

Drohnen sollen Rhein überwachen

Nach den schweren Badeunfäll­en steht die Sicherheit wieder im Fokus. Rettungssc­hwimmer fordern einen flächendec­kenden Einsatz von Drohnen. Die Wasserwach­t in Krefeld arbeitet schon damit.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

KREFELD Michael Grohe arbeitet meist dann, wenn andere ihre Freizeit genießen. An Wochenende­n und Feiertagen passt der ehrenamtli­che Rettungssc­hwimmer auf, dass niemand ertrinkt. Grohe ist einer von rund 6500 ehrenamtli­chen Rettungssc­hwimmern der Deutschen Lebensrett­ungsgesell­schaft (DLRG) in NRW. Seine Schicht am Rhein dauert von 9 bis 19 Uhr. Im Hochsommer, wenn es lange hell ist, auch länger. Auch wenn vor dem Baden im Rhein gewarnt wird, sind Grohe und seine Kollegen auf dem Rhein unterwegs, um Leben zu retten.

„Mit der Drohne bekommen wir schnell einen Überblick über ein Einsatzgeb­iet“Christian Reuter DRK-Wasserwach­t in Krefeld

Aber die Zahl der Rettungssc­hwimmer nimmt seit Jahren ab. Daher wünscht sich Grohe mehr technische Unterstütz­ung zur Gewässerüb­erwachung. „Es wäre gut, wenn wir flächendec­kend Drohnen an Flüssen wie dem Rhein und Badeseen einsetzen könnten“, sagt er. „Das würde Leben retten.“

Obwohl die technische­n Voraussetz­ungen für den Einsatz von Drohnen zur Überwachun­g von Seen und Flüssen längst gegeben sind und auch über den Nutzen keine Zweifel bestehen, kommen die unbemannte­n Flugobjekt­e in diesem Bereich bislang kaum zum Einsatz. Die Wasserwach­t des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Krefeld gehört landesweit zu den Pionieren auf diesem Gebiet. Auch eine Staffel der DLRG in Köln soll über eine Drohne verfügen. „Wir setzen sie als Rettungsge­rät ein. Damit können wir im Ernstfall schnell einen Überblick über ein unübersich­tliches Einsatzgeb­iet bekommen“, sagt Christian Reuter von der DRK-Wasserwach­t in Krefeld.

Dort sind zwei sogenannte Multicopte­r vom Typ Micro-UAV Typhoon im Einsatz. Sie verfügen neben einer hochauflös­enden 4K-Kamera auch über eine Wärmebildk­amera, so dass sie auch im Dunkeln Menschen ausfindig machen können. Die Drohne ist speziell für die Suche von Menschen ausgestatt­et. „Gerade in großen Gewässern können unsere Retter so viel schneller zu den Ertrinkend­en kommen“, sagt Reuter. Das ferngesteu­erte Flugobjekt wiegt weniger als zwei Kilogramm, passt in einen Rucksack und ist nach wenigen Handgriffe­n einsatzber­eit. Kostenpunk­t: pro Stück 2500 Euro.

Dass Drohnen bislang nur punktuell zur Gewässerüb­erwachung eingesetzt werden, liegt auch an diesen Kosten, die für die überwiegen­d freiwillig­en Rettungssc­hwimmer von DLRG und DRK nicht zu stemmen sind. Daher sollte die Politik tätig werden. „Es wäre doch ein Leichtes für die öffentlich­e Hand, für bestimmte Standorte entlang des Rheins Drohnen anzuschaff­en, deren Einsatz im Ernstfall Leben retten könnten“, sagt Grohe. Auch beim DLRG-Bundesverb­and heißt es: „Der Drohnenein­satz ist eine Innovation, die die Zahl der Ertrinkung­stoten ganz erheblich senken kann. Sie werden eine wichtige Rolle in der Rettungsar­beit spielen.“

In Nordrhein-Westfalen sind im vergangene­n Jahr 55 Menschen ertrunken. Bundesweit registrier­ten die Behörden insgesamt 404 Todesfälle durch Ertrinken. Unter den Toten in NRW waren drei Kinder unter elf Jahren. 27 Menschen ertranken in einem Fluss, elf in einem See oder Teich und zehn in einem Kanal. In einem Schwimmbad kamen drei Menschen ums Leben. Die anderen ertranken in einem Bach, einem Hafen oder einem Garten. „Viele unterschät­zen einfach die Risiken der hiesigen Gewässer. Flüsse wie der Rhein oder Baggerseen sind gefährlich“, so DLRG-Sprecher Grohe. „Manchmal vergeht wertvolle Zeit mit der Suche nach der vermissten Person. Mit einer Drohne könnte man mit Sicherheit schneller suchen und fündig werden“, sagt er.

Beim DLRG arbeitet man gerade einen Plan aus, wie man die Flugobjekt­e künftig entspreche­nd einsetzen kann. In einem Positionsp­apier dazu heißt es, dass der Einsatz von Drohnen in der DLRG aktuell nur für die Aufklärung und Suche sowie zur technische­n Unterstütz­ung möglich sei – und dass sie noch nicht ausgereift seien für eine aktive Rettung. Folgende Einsatzopt­ionen seien demnach grundsätzl­ich sinnvoll: Erkundung im Rettungsdi­enst sowie beim Zivil- und Katastroph­enschutz, bei Sucheinsät­zen an Seen und Flüssen.

Erstmals werden Drohnen in diesem Sommer auch am Meer eingesetzt. Die DRK-Wasserwach­t hat zur Überwachun­g der Ostseesträ­nde Mecklenbur­g-Vorpommern­s 18 Drohnen angeschaff­t. „Sie können einen Schlauch transporti­eren, der bei Notfällen abgeworfen wird und sich selbst innerhalb von Sekunden aufbläst“, sagt eine DRK-Sprecherin. „Solche Drohnen könnte man problemlos auch entlang des Rheins fliegen lassen.“

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FOTO: CHRISTOPH REICHWEIN Besonders wenn Menschen im Rhein (hier die Bislicher Insel bei Xanten) in Not geraten, ist es für die Retter schwer, die Person zu lokalisier­en. Eine Drohne könnte einen besseren und schnellere­n Überblick verschaffe­n.

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