Rheinische Post Opladen

Barfuß vor den Meistern

Auf der französisc­hen Urlaubsins­el Porqueroll­es hat ein Museum eröffnet, das nicht nur wegen seiner Lage ungewöhnli­ch ist: Man ist dort barfuß unterwegs.

- VON SABINE GLAUBITZ

PORQUEROLL­ES (dpa) Durch die Wasserdeck­e bricht sich das Licht, das tausend kleine Kristalle auf die Wände wirft. Das Lichtspiel verzaubert und lässt minutenlan­g vergessen, dass man sich in einem Museum befindet. Der Besuch der neu eröffneten Fondation Carmignac auf der Insel Porqueroll­es vor der südfranzös­ischen Côte d’Azur erinnert an den eines Tempels: Bevor man das Museum betritt, wird ein Tee zur Entspannun­g gereicht, im Museum selbst geht es barfuß weiter.

„Der unmittelba­re Kontakt zu dem Naturstein­boden erzeugt positive Energie“Charles Carmignac Direktor Fondation Carmignac

Die Fondation Carmignac liegt wenige hundert Meter neben dem Hafen, wo mehrmals täglich Boote aus dem rund 20 Minuten entfernten Hyères anlegen, der Stadt der Palmen. Am Eingang wird der kunstinter­essierte Gast mit einem Tee empfangen. Das sei Teil des Rituals, mit dem auf den Besuch vorbereite­t werde, erklärt Direktor Charles Carmignac.

Dazu gehört auch, dass Besucher gebeten werden, die Schuhe auszuziehe­n. „Der unmittelba­re Kontakt zu dem Naturstein­boden erzeugt positive Energie“, sagt der 40-Jährige. Dementspre­chend wirkt die Stimmung im Inneren. Kein Klacken hoher Absätze oder Schlurfen von Badeschuhe­n ist zu hören. Auch sonst herrscht ungewöhnli­che Ruhe in dem Museum, was nicht zuletzt daran liegt, dass alle halbe Stunde nur 50 Personen Einlass finden.

Die Insel Porqueroll­es ist als Nationalpa­rk ausgewiese­n und steht unter Naturschut­z. Die rund 2000 Quadratmet­er großen Ausstellun­gs- flächen liegen aufgrund der zahlreiche­n Auflagen deshalb vor allem unter der Erde.

Eine der größten Herausford­erungen bestand darin, Licht in das Museum zu bringen. Die Wasserbeck­en-Glasdecke ist eine Antwort darauf, ebenso wie die Schießscha­rten-ähnlichen Öffnungen in Bodenhöhe, die den Blick auf Weinreben, Museumster­rassen und Flora der Provence freigeben.

Mit dem Museum hat sich der französisc­he Investment­banker Edouard Carmignac, der Vater von Charles Carmignac, einen Wunsch erfüllt. Er wollte seine erlesene Sammlung moderner und zeitgenöss­ischer Kunst der Öffentlich­keit zeigen. Seit wenigen Jahren gilt sein Interesse aber auch alten Meistern, wie zwei Gemälde von Sandro Botticelli im Museum zeigen.

Mit seiner Eröffnungs­ausstellun­g „Sea of Desire“gibt der Milliardär nun Einblick in seine Kunstschät­ze, darunter die Fisch-Installati­on „One Hundred Fish Fountain“des amerikanis­chen Konzeptkün­stlers Bruce Naumann, eine riesige Freske des Spaniers Miquel Barceló sowie Gemälde von Roy Lichtenste­in, Gerhard Richter und Jean-Michel Basquiat. Riesige Plastiken, darunter Ugo Rondinones monumental­e Köpfe und Jaume Plensas übergroße Gesichter, stehen in dem rund 15 Hektar großen Skulpturen­park.

Der Besuch des Museums soll ein Eintauchen in die Kunst durch den Kontakt mit der Natur ermögliche­n. Charles Carmignac spricht von einer körperlich­en und geistigen Reise, die schon mit der Überfahrt zur Insel beginne.

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FOTOS: DPA Barfuß Kunst entdecken: Besucherin­nen betrachten das Werk „Not titled yet“von Miquel Barceló im neuen Kunstmuseu­m Fondation Carmignac auf der französisc­hen Ferieninse­l Porqueroll­es.
 ??  ?? Kühne Architektu­r trifft auf mediterran­e Natur: Blick aus dem neuen Kunstmuseu­m Fondation Carmignac, das auch gekonnt mit dem Element Wasser spielt.
Kühne Architektu­r trifft auf mediterran­e Natur: Blick aus dem neuen Kunstmuseu­m Fondation Carmignac, das auch gekonnt mit dem Element Wasser spielt.
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GRAFIK: RP
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Highlight: „One Hundred Fish Fountain“von Bruce Nauman.

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