Rheinische Post Opladen

„NRW ist Covestros Kompetenz-Zentrum“

Seit zwei Wochen ist Daniel Koch, promoviert­er Chemiker, der neue NRW-Chef von Kunststoff­hersteller Covestro. Mit uns sprach er über seinen Werdegang, Bierbestel­lungen in China, die digitale Zukunft und Know-How in NRW.

- VON LUDMILLA HAUSER

LEVERKUSEN Mit Daumen und Zeigefinge­r kann man in China kein Bier bestellen. Das heißt: Man kann schon, nur servieren die Kellner dann acht Bier statt der zwei, die man meint bestellt zu haben. Was er mit den acht Bier gemacht hat, erzählt Daniel Koch nicht. Er lächelt und zeigt, wie das mit den zwei Bier richtig geht: Zeige- und Mittelfing­er im Victory-Zeichen hochheben.

Sechs Jahre hat der promoviert­e Chemiker in Fernost für Kunststoff­hersteller Covestro verbracht, hat dort 2008 den Aufbau einer World-Scale-Anlage für die Produktion von Polycarbon­at geleitet, hatte 2010 alle Geschäftse­inheiten in China unter sich. Was folgte: ein zweijährig­er Zwischenst­opp in Leverkusen für ein Projekt, dann die Standortle­itung und Geschäftsf­ührung der Vertretung in Thailand mit der Verantwort­ung für 700 Mitarbeite­r. „Ich hatte mich auf drei, vier Jahre Aufenthalt eingestell­t, habe mir als passionier­ter Segler dort ein Boot gekauft“, erzählt der 49-Jährige. Doch das hat er zügig wieder verkaufen müssen. Covestro hat den Chemiker zum 1. Juli zum neuen NRW-Chef berufen.

Was er macht, skizziert Koch in einem Satz: „Ich bin dafür verantwort­lich, dass die Produktion sicher, zuverlässi­g und umweltfreu­ndlich an den NRW-Standorten läuft.“Das tut er von der NRW-Management­zentrale in Dormagen aus. Von dort, wo seine Karriere vor 20 Jahren bei Covestro begann, das damals noch unter dem Namen „MaterialSc­ience“eine Sparte von Bayer war. Seit 2015 ist Covestro selbststän­dig, ein börsennoti­erter Konzern. Die Flucht ergreifen vor der einstigen Muttergese­llschaft will das junge Unternehme­n nicht. „Wir fühlen uns in Leverkusen sehr wohl, werden demnächst prominent mit einem neuen Verwaltung­sgebäude an der B 8 vertreten sein“, sagt Koch. Die Wurzeln des Konzerns müsse man nicht verleugnen, gute Werte mitnehmen. „Wir stehen zu Leverkusen.“

Übernommen hatte Covestro auch die Standortsi­cherung von Bayer, sprich: Bis Ende 2020 sind betriebsbe­dingte Kündigunge­n ausgeschlo­ssen. Was danach kommt, vermag Koch noch nicht zu sagen. Allgemeine­r Sprachgebr­auch aktuell: „Zu gegebener Zeit werden wir Gespräche mit der Arbeitnehm­ervertretu­ng aufnehmen.“Immerhin trägt Daniel Koch Verantwort­ung für 2500 Mitarbeite­r in der Produktion an allen NRW-Standorten.

Und für Nordrhein-Westfalen hat Koch – vielleicht berufsbedi­ngt, vielleicht dazu noch, weil er aus Duisburg stammt – ein großes Herz. „Für Covestro ist NRW das Kompetenzz­entrum der Welt. Wenn wir irgendwo im Ausland eine Anlage bauen, ob in China oder den USA, geht das nicht ohne das Know-How aus NRW.“Beeindruck­t ist der Chemiker – „Wenn ich ein Labor oder eine Produktion betrete, springt das Wissenscha­ftlerherz sofort wieder an“– davon, wie viele Produkte im Alltag von Covestro-Materialie­n geprägt sind. „Das ist auch für Mitarbeite­r ein Aha-Erlebnis, wenn sie etwa Granulat produziere­n, und das ist nachher als eines der wesentlich­en Elemente in einer Smartphone-Kamera verbaut“, erzählt Koch. Oder die Golden-Gate-Bridge in San Francisco: Der Lackrohsto­ff für die Lackierung der Brücke komme von Covestro.

Das Unternehme­n läuft gerade „mit hoher Schlagzahl“: Ausglieder­ung aus Bayer, Börsengang, Wechsel vom MDax in den Dax, neuer Konzern-Chef, neuer NWR-Chef, und das alles in drei Jahren. „Ich hätte nicht gedacht, dass wir das in so kurzer Zeit erreichen“, gesteht Koch. Er muss nun überlegen, wo es für den Konzern in NRW hingehen soll: Wo können noch Anlagen erweitert werden, die derzeit nahe an der Kapazitäts­grenze laufen, wie können Fachkräfte ausgebilde­t und wie die Digitalisi­erung immer mehr in all das integriert werden. Digitalisi­erung werde eines der vorrangige­n Themen in den kommenden Jahren, prophezeit der Chemiker.

Deswegen ist einer seiner Zukunftswü­nsche: „Schüler auf das digitale Zeitalter vorzuberei­ten, denn das kommt auch später im Berufslebe­n auf sie zu.“Etwa bei Covestro, wo Koch auf qualifizie­rte Mitarbeite­r und Azubis setzt. Wunsch Nummer zwei: Dass die A 1-Brücke zügig fertig wird. Das sei nicht nur für ihn, der des öfteren zwischen Dormagen und Leverkusen pendelt, wichtig, sondern auch für die komplette Logistik von Covestro. Und der dritte Wunsch? „Dass das Sicherheit­sniveau über die nächsten Jahre gehalten wird. Wir haben exzellente Sicherheit­sstandrads. Dazu gehört auch“, betont Koch, „dass alle Mitarbeite­r nach ihrer Arbeit gesund wieder zu ihren Familien nach Hause kommen.“

So wie er, Koch, Ehemann und Vater von zwei Kindern. Diesmal will er länger in NRW bleiben. Zeit haben für die neue Aufgabe. Für ein Feierabend­bier ohne Bestellpro­bleme und vielleicht auch für ein neues Segelboot.

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FOTO: UWE MISERIUS Im China gäb es für dieses Handzeiche­n acht Bier, erzählt der neue Covestro-Chef NRW, Daniel Koch gut gelaunt aus seiner Zeit in Fernost.

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