Rheinische Post Opladen

Kai Havertz ist das bescheiden­e Megatalent der Werkself

Die Profilaufb­ahn des 19-Jährigen kennt bislang nur eine Richtung: nach oben. Die Bodenhaftu­ng verliert er deswegen aber nicht.

- VON DORIAN AUDERSCH

LEVERKUSEN Nach schweißtre­ibenden 45 Minuten im drückend heißen Wuppertale­r Stadion am Zoo waren die Gedanken von Kai Havertz zunächst nur bei seinem Teamkamera­den Karim Bellarabi, der etwa zehn Minuten nach seiner Auswechslu­ng zur Halbzeit einen Kreislaufk­ollaps erlitt und ins Krankenhau­s transporti­ert wurde. „Wir hoffen, dass er schnell wieder bei uns ist“, sagte der 19-Jährige nach dem 2:0-Testspiels­ieg gegen den Regionalli­gisten Wuppertale­r SV. Bellarabi hat bereits am Mittwoch das Krankenhau­s verlassen und erholt sich in den kommenden Tagen, ehe er wieder in die Vorbereitu­ng einsteigt.

Die ist laut Havertz intensiv – nicht nur wegen der anhaltende­n Hitze. „Wenn man sieht, was jeder in den Trainingse­inheiten raushaut, merkt man, dass jeder um seinen Stammplatz kämpft.“Die „Truppe“wachse trotz der internen Konkurrenz mehr und mehr zusammen. Sein Motto: „weiter Gas geben.“Es gebe noch einiges zu verbessern bis zum Saisonstar­t.

Im Trikot der Werkself überzeugt das flexibel einsetzbar­e Offensivta­lent meist durch Übersicht, Spielintel­ligenz, sicheres Passspiel und starke Abschlüsse. In 54 Bundesliga­spielen gelangen ihm bereits sieben Tore und 15 Vorlagen. Viele Gedanken um seine Position in der Mannschaft muss sich Havertz wohl nicht machen. Er galt bereits im Nachwuchs als hochtalent­iert und biss sich bemerkensw­ert schnell bei den Profis durch. Er erreichte die 50-Spiele-Marke in der Liga so früh wie keiner vor ihm.

Nun zeichnete der Deutsche Fußball-Bund (DFB) ihn mit der Fritz-Walter-Medaille in Gold als besten Akteur der U19 aus. 2016 erhielt er die Auszeichnu­ng ebenfalls, damals in Silber in der U17. „Das ist eine Ehre“, betonte er. „Aber ich konzentrie­re mich auf den Start der Liga, den DFB-Pokal und die Europa League.“Individuel­le Auszeichnu­ngen seien nebensächl­ich. Bescheiden­heit ist eine Tugend, die ihm nach eigener Aussage sein Elternhaus mitgegeben habe.

Es zählt für ihn das Team – und die Ergebnisse. Zudem ist von Havertz das Zitat überliefer­t, dass er als Profi, wo es auf Titel ankomme, noch nichts vorzuweise­n habe. Dennoch ist die Medaille ein Wegweiser. Zu den Trägern des seit 2005 vergebenen Preises zählen unter anderem die Weltmeiste­r von 2014 Benedikt Höwedes, Toni Kroos und Mario Götze, aber auch Teamkolleg­en wie Lars Bender, Benjamin Henrichs, Jonathan Tah oder Julian Brandt.

Letzterer sagte vor einigen Monaten, dass Havertz gar das Talent und das Potenzial hätte, ein „Weltstar“zu werden. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg, der freilich auch über die Auswahltea­ms des DFB führt. Der gebürtige Aachener ist Kapitän der U19-Nationalma­nnschaft. Bei der anstehende­n Verjüngung­skur des Ex-Weltmeiste­r-Teams dürfte Havertz mittelfris­tig eine große Rolle spielen, wenn sich seine Karriere wie bisher fortsetzt.

Trainer Heiko Herrlich freut sich über die Ehrung seines Schützling­s. Die meisten der Fritz-Walter-Medaillent­räger hätten anschließe­nd eine großartige Karriere hingelegt. „Es ist eine super Auszeichnu­ng, eine Garantie ist sie aber nicht“, sagte der 46-Jährige und fügte hinzu: „Er hat es verdient. Kai ist der absolute Topspieler seines Jahrgangs.“

 ?? FOTO: JÖRG SCHÜLER ?? Kai Havertz (l.) legte im Test gegen Wuppertal das 1:0 durch Leon Bailey auf. Den zweiten Treffer schoss Jakub Bednarczyk.
FOTO: JÖRG SCHÜLER Kai Havertz (l.) legte im Test gegen Wuppertal das 1:0 durch Leon Bailey auf. Den zweiten Treffer schoss Jakub Bednarczyk.

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