Kunst unklarer Herkunft
Hunderttausende Kunstwerke raubten die Nationalsozialisten jüdischen Kunstsammlern, die vor der NSDiktatur flohen oder ermordet wurden. Auch 70 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg tauchen verschollen geglaubte Kunstwerke auf und geraten für ihre heutigen Besitzer – auch wenn sie von der traurigen Historie nichts wussten – zur moralischen, juristischen und finanziellen Herausforderung.
Charakteristisch für Raubkunst ist, dass ihr Besitzer nicht immer auch ihr rechtmäßiger Eigentümer ist. Das Kulturgutschutzgesetz verpflichtet den Kunsthandel deshalb, in Datenbanken zu prüfen, ob ein Kunstwerk dort als verloren gegangen gelistet ist. Erst wenn sich kein Hinweis findet, darf es in den Verkauf gehen.
Nicht zuletzt der Fall Cornelius Gurlitt hat Privatsammler verunsichert, wie mit Kunstwerken zu verfahren ist, deren Herkunft sich nicht zu 100 Prozent belegen lässt. 2012 waren bei Gurlitt über 1500 Kunstwerke gefunden worden, die alle unter den Generalverdacht der Raubkunst gerieten. Bei fünf Gemälden bestätigte sich der Verdacht. Ihre Herkunft musste geklärt werden, um sie den Erben der rechtmäßigen Eigentümer zurückzugeben oder zu entschädigen. Weil die klassische Kunstversicherung in der Regel Beschlagnahme und hoheitliche Eingriffe ausschließt, ist die Nachfrage nach der sogenannten „Title Insurance“gestiegen. Steht bei einem umstrittenen Werk eine Rückabwicklung des Kaufes im Raum, übernimmt diese Spezialpolice die Kosten für die Rechtsberatung und leistet Entschädigung in Höhe des Kaufpreises.
Mathias Scheuber Der Autor ist Vorstandsvorsitzender der Ergo Versicherung.