Forscher sagen stabilen Aufschwung voraus
Die deutsche Wirtschaft soll noch bis mindestens 2020 weiter wachsen. Der Arbeitsmarkt boomt.
BERLIN (rtr) Dauerboom, Beschäftigungshoch, Rekordüberschüsse: Die Forschungsinstitute sehen die deutsche Konjunktur weiter auf Kurs. Das Wirtschaftswachstum dürfte sich 2018, 2019 und 2020 jeweils zwischen 1,7 und 2,0 Prozent bewegen, wie das Münchner Ifo-Institut, das Berliner DIW, das Kieler IfW und das IWH aus Halle in neuen Prognosen mitteilten. Damit würde Europas größte Volkswirtschaft ihren 2010 begonnenen Aufwärtstrend fortsetzen.
„Wir haben es mit einer starken Konjunktur zu tun“, sagte Ifo-Experte Timo Wollmershäuser. „Sie wird in diesem und im kommenden Jahr maßgeblich vom privaten Konsum getragen, der von steigender Beschäftigung und kräftigen Einkommenszuwächsen profitiert.“Das IfW geht davon aus, dass der private Konsum im nächsten Jahr um 2,2 Prozent zulegen wird, so deutlich wie seit zwei Jahrzehnten nicht mehr. Die Zahl der Beschäftigten wird laut DIW 2020 um rund 1,1 Millionen höher liegen als 2017. Gleichzeitig wird ein Rückgang der Arbeitslosen um 430.000 auf 2,1 Millionen vorausgesagt.
Allerdings ist nicht alles Gold, was glänzt, mahnen die Ökonomen der Forschungsinstitute. „Die Unternehmen investieren vorerst nur zögerlich – unter anderem, weil ihre Absatzerwartungen auch angesichts der handelspolitischen Konflikte getrübt sind“, sagte DIW-Konjunkturchef Claus Michelsen. Der Welthandel hat dem IWH zufolge wegen des zunehmenden Protektionismus, der sich beispielsweise in den von den USA erhobenen Strafzöllen gegen chinesische Produkte und europäisches Stahl äußert, seit Jahresbeginn kaum noch zugelegt.
Die Handelskonflikte gelten aber nicht als alleinige Risikofaktoren für die exportabhängige deutsche Wirtschaft. „Hinzu kommen die Möglichkeit eines ungeordneten Austritts Großbritanniens aus der EU im Frühjahr 2019 sowie das Risiko eines weiteren Verlusts an Vertrauen der Finanzmärkte in die Solvenz des italienischen Staates, falls die Regierung Italiens ihre Vorhaben in großem Stil umsetzen sollte“, warnte IWH-Vize Oliver Holtemöller.
„Es mehren sich die Zeichen, dass die deutsche Wirtschaft in die Spätphase des Aufschwungs eintritt“, sagt IfW-Experte Stefan Kooths. Engpässe bei Arbeitskräften und Vorleistungen zeigten dies. Die Bauwirtschaft hat den höchsten Preisanstieg seit 25 Jahren.
Vom Boom profitieren die öffentlichen Haushalte. Für dieses Jahr erwartet etwa das DIW einen Rekordüberschuss von 60 Milliarden Euro, ähnlich geht es weiter. „Das sollte jedoch nicht vergeudet, sondern bedacht in die Zukunft investiert werden“, forderte DIW-Präsident Marcel Fratzscher. Bei Forschung, Bildung, Verkehr und Digitalisierung gebe es Handlungsbedarf.