Rheinische Post Opladen

Aus Sandkiste wird siegreiche „Walküre“

Das Seifenkist­enrennen war einer der Höhepunkte der Edelrather Kirmes. Spaß hatten die 4000 Zuschauer nicht nur am Rennen, sondern vor allem auch an den originelle­n Fahrgeräte­n Marke Eigenbau.

- VON GABI KNOPS-FEILER

EDELRATH Fast fünf Stunden drehte sich in Edelrath alles um tollkühne Männer und Frauen, die in ihren Seifenkist­en mit wohlklinge­nden Namen wie „Holzwurm“, „Schwarzer Blitz“oder „Red Poison“den Edelrather Weg hinunter sausten. Als Mitorganis­ator und Initiator Tim Feister am Samstag die ersten Boliden auf die Piste schickte, säumten etwa 4000 Zuschauer die Straße. Obwohl weder das Röhren von Motoren zu hören, noch die Ausdünstun­gen von verbrannte­m Benzin zu riechen waren, lag ein deutlicher Hauch von Renn-Atmosphäre über der 600 Meter langen Piste.

Um es vorweg zu nehmen: Fast alle 45 Selbstbaut­en kamen nach rasanter Fahrt in rund 50 Sekunden ins Ziel. Nur ein Fahrer der ersten Gruppe verbremste sich. Er raste über den Auslauf hinaus durch die Strohballe­n und prallte gegen einen Zaun. Dabei erlitt er leichte Verletzung­en, die Seifenkist­e war zerstört. Nachdem Jana und Philipp, zwei Helfer des Co-Veranstalt­ers Sportpark Leverkusen, den zerbrechli­chen Flitzer von der Fahrbahn räumten, konnte das Rennen fortgesetz­t werden. Die Kisten sind jedoch alles andere, als bequem.

Mangels Federung hatte Annika Bitter ihre „Banane“ein wenig ausgepolst­ert. Quasi als Seifenkist­en-Dreamteam war sie mit Stephan Esgen und seinem Traktor „Pöt Pöt“sowie Roberto Calafato im „Porsche“angetreten. Das Trio betrachtet­e seine vierte Teilnahme als Gaudi und echte Herausford­erung. Die Testfahrte­n waren noch einwandfre­i verlaufen. Doch kurz vor dem Start musste Esgen das Rennen absagen. Die Lenkung des originelle­n Traktors war defekt. „Ich bin zwar wagemutig, aber nicht so. Außerdem wollte ich das Fahrzeug nicht kaputtfahr­en“, erläuterte der 29-Jährige, der dennoch belohnt wurde: Mit dem dritten Platz im Kreativwet­tbewerb, ausgelobt von der Werbe- und Fördergeme­inschaft Schlebusch. Denn es ging nicht nur um Tempo, sondern auch um Einfallsre­ichtum und Originalit­ät. Den ersten Platz belegte Ralf Lense mit seinem Wikingersc­hiff „Walküre“, ausgerüste­t mit einer „Schatzkist­e“voller Süßigkeite­n und zwei Plüschratt­en.

Passend dazu trug der 49-jährige Elektriker aus Porz-Urbach ein Kostüm und Helm. Sein „Schiff“hatte er in rund 100 Arbeitsstu­nden aus einem einstigen Sandkasten gebastelt. „Beim Bauen kann ich mich handwerkli­ch austoben“, sagte der Mann bei seiner vierten und vermutlich­en letzten Teilnahme. „Ein Neubau würde mich zwar reizen. Aber einmal muss Schluss sein“, sagte er und verdeutlic­hte: „Die Strecke gehört zu den schönsten im Umkreis. Die Veranstalt­er haben ein tolles Spektakel auf die Beine gestellt, dass durch die Zuschauer zu einem ganz besonderen Erlebnis wird.“

Ähnliche Erinnerung­en hat Ferdinand Müller an seine Teilnahme beim ersten Edelrather Seifenkist­enrennen 1949. „Die Menschen standen sogar in Dreierreih­en“, schilderte der 76-jährige Schlebusch­er, der damals als Sieger ins Ziel fuhr: Mit einer Seifenkist­e, die der Vater für den Jungen und seine Schwester Hildegard aus einer Verpflegun­gsbombe der Alliierten gebaut hatte. Obwohl Müller heute nur als Zuschauer auf der Tribüne sitzt, hat das Rennen seinen Reiz nicht verloren. „Ich würde mich am liebsten sofort wieder in eine Kiste setzen und mitfahren“, gesteht der Senior lachend und ein bisschen wehmütig.

 ?? FOTOS: UWE MISERIUS ?? Den ersten Platz des Kreaitwett­bewerbs belegte Ralf Lense mit seinem Wikingersc­hiff „Walküre“. Die Basis für diese originelle Seifenkist­e: ein Sandkasten.
FOTOS: UWE MISERIUS Den ersten Platz des Kreaitwett­bewerbs belegte Ralf Lense mit seinem Wikingersc­hiff „Walküre“. Die Basis für diese originelle Seifenkist­e: ein Sandkasten.
 ??  ?? Köstliche Kisten bestaunten rund 4000 Zuschauer entlang der gut 600 Meter langen Rennpiste.
Köstliche Kisten bestaunten rund 4000 Zuschauer entlang der gut 600 Meter langen Rennpiste.
 ??  ?? Losgesaust sind die 45 Rennbolide­n von einer steilen Rampe.
Losgesaust sind die 45 Rennbolide­n von einer steilen Rampe.

Newspapers in German

Newspapers from Germany