Zum Semesterstart wird’s eng wie nie
Eine aktuelle Studie zum Wohnungsmarkt zeigt: Vor allem in den begehrten Hochschulstädten spitzt sich die Lage immer weiter zu. Höchste Mieten zahlen Studierende in München, Hamburg und Stuttgart.
BERLIN (RP) Die Wohnsituation für Studierende in Deutschland hat sich in diesem Jahr weiter verschlechtert. Vor allem in ohnehin begehrten Hochschulstädten ist es noch schwieriger geworden, eine passende und bezahlbare Unterkunft zu finden. Zu diesem Ergebnis kommt das Moses Mendelssohn Institut (MMI) in Kooperation mit dem Immobilienportal WG-Gesucht.de bei einer Untersuchung aller 96 Standorte mit mehr als 5000 Studierenden. Ermittelt wird für alle Standorte ein Anspannungs-Index des studentischen Wohnungsmarktes, mit maximal 100 möglichen Punkten.
„Studierende haben eine ganz genaue Vorstellung von ihrem Lebensumfeld“Stefan Brauckmann Direktor des MMI
„Im Bundesschnitt stellten wir im sechsten Jahr der Untersuchung einen weiteren Anstieg des Index fest, von 37,7 auf 37,9 Punkte. Das ist ein neuer Höchstwert“, sagt Dr. Stefan Brauckmann, Direktor des Moses Mendelssohn Instituts: „Vor allem an Standorten, die ohnehin gefragt sind, spitzt sich die Lage zu.“In Auftrag gegeben wurde die Analyse vom Immobilienentwickler GBI.
In den zehn Städten mit der ohnehin angespanntesten Wohnlage stieg der sogenannte Scoring-Index besonders deutlich: von 69,1 auf 70,2 Punkte. In den Top-Studienorten wurde die Wohnungssuche noch komplizierter oder sie bleibt zumindest unverändert schwierig. „Hauptursache für diese Entwicklung ist die Mischung aus einer zunehmenden Nachfrage, steigenden Preisen und mangelndem Angebot in den gefragten Städten“, so Brauckmann. Besonders angezogen haben die WG-Mieten nämlich in München (von 570 auf 600 Euro), Frankfurt (von 450 auf 480 Euro), Hamburg und Stuttgart (jeweils von 420 auf 450 Euro) sowie in Köln und Berlin (jeweils von 400 auf 420 Euro). Diese Städte nehmen auch die vorderen sechs Scoring-Plätze ein. An Standorten wie Düsseldorf, Karlsruhe, Mannheim, Erlangen, Augsburg, Heilbronn, Osnabrück, Würzburg, Braunschweig, Reutlingen, Potsdam, Kassel und Flensburg ist es ebenfalls spürbar schwieriger geworden, eine Wohnung zu finden.
„Bemerkenswert ist die unterschiedliche Entwicklung in den Hochschulstädten“, erläutert Brauckmann: „Wir haben auf der einen Seite gefragte Standorte, in denen die Studierendenzahlen und die WG-Preise steigen, während deutlich günstigere Standorte trotz des Kostenvorteils weniger gefragt sind. Die Schere geht auseinander.“
Viele Studenten zahlen im kommenden Semester für ihre Unterkünfte sogar noch höhere Preise als die über das WG-Gesucht.de-Portal ermittelten Preise für Wohngemeinschaften. „WG-Zimmer sind am preiswertesten. Wer in eine eigene Wohnung zieht, muss in allen Städten erheblich mehr zahlen. Denn bei der Suche nach Ein- oder Zweizimmerwohnungen wird die Konkurrenz für Studierende immer stärker, etwa durch Jobanfänger, Singles oder Pendler“, erläutert Annegret Mülbaier von WG-Gesucht.de.
Laut der Analyse kosten die Zimmer in einer Wohngemeinschaft im bundesweiten Durchschnitt 363 Euro. Dem Preis-Spitzenreiter München, der die Schallmauer von 600 Euro WG-Miete jetzt erstmals erreichte, steht mit durchschnittlich 230 Euro in diesem Jahr Chemnitz als günstigster Standort der 96-Städte-Liste gegenüber. Daneben gibt es laut MMI-Studie nur vier weitere – ebenfalls in den neuen Bundesländern liegende – Städte, in denen die durchschnittlichen WG-Mieten bei höchstens 250 Euro liegen. Dies ist die laut BAföG-Satz angesetzte offizielle Wohnkostenpauschale. „Diese amtliche Zahl spiegelt die Situation gerade in nachgefragten Hochschulstädten in keiner Weise wider“, so Brauckmann. Auch Wohnheime der lokalen Studierendenwerke können wenig Abhilfe schaffen. Für nicht einmal jeden zehnten Studierenden (9,6 Prozent) steht eine subventionierte Unterkunft zur Verfügung.
Eindeutig sind die Präferenzen nicht nur bezogen auf die Wahl des Hochschul-Standorts, sondern auch bei der Entscheidung für konkrete Wohnlagen, wie die Detail-Analyse des MMI zeigt. „Studierende haben ganz genaue Vorstellungen von ihrem Lebensumfeld“, so Brauckmann. Trotz eines gerade in den Hochschulstädten stark belasteten Budgets ziehen sie nicht automatisch in günstige Quartiere. Für eine entsprechende Lage mit gutem Angebot an Kneipen, Kultur und anderen Freizeit-Angeboten sind sie bereit, etwa bei Ausstattung oder Größe der Wohnung Kompromisse einzugehen.