Rheinische Post Opladen

„Auf Scherben fährt es sich nicht gut“

Das Fazit der Teilnehmer des „Stadtradel­n“-Wettbewerb­s fällt schlecht aus: zu viele Autos, Schlaglöch­er, zu enge Wege.

- VON NINA NIEDER

LEVERKUSEN Die Chemiestad­t will mobiler werden: Mit dem „Mobilitäts­konzept 2030+“sollen der Autoverkeh­r und der Lärm auf den Straßen eingedämmt werden. Ziel ist es, Bürger zum Fahrradfah­ren zu motivieren. Mit der Initiative „Stadtradel­n“wurde genau das umgesetzt. Fast 300.000 Kilometer sind die Teilnehmer zusammen gefahren, ob zur Arbeit, zu Freunden oder in ein ganz anderes Land, ans Meer. Im Wildpark Reuschenbe­rg hat Oberbürger­meister Uwe Richrath jetzt die Sieger geehrt. Ein guter Anlass für eine Bestandsau­fnahme.

So einfach scheint Mobilität mit dem Fahrrad in Leverkusen gar nicht zu sein. Erfahrungs­berichte beschreibe­n, wie schlecht die Fahrradweg­e in Leverkusen seien und schildern, wie viele Wege für die Räder immer noch fehlen. Zwar hat die Stadt versucht, die Situation für Radler hier und dort zu verbessern. Dazu gehört die Errichtung vieler Stellplätz­e am Bahnhof Wiesdorf und Opladen, aber mehr Sicherheit auf den Straßen bietet das den Fahrern nicht, betonen aktive Fahrradfah­rer.

„Es fahren viel zu viele Autos auf den Straßen, teilweise zu dicht an uns Fahrradfah­rern, auf den Wegen für uns sind meistens zu viele Schlaglöch­er, oder die Wurzeln reißen schon die Böden auf“, erzählt etwa Radfahreri­n Andrea Schöpplein. Petra Haller gehört zu den Teilnehmer­n der Stadtradel-Gruppe „Die Freunde und Förderer der Balkantras­se“. Beide Frauen haben praxisnahe Erfahrunge­n auf ihren Rädern gesammelt und können eine Einschätzu­ng zur Fahrrad-Mobilität in Leverkusen geben.

Die beiden Frauen machen konkrete Verbesseru­ngsvorschl­äge: „Fahrradweg­e sollen Vorrang haben, es sollen breitere Wege für uns ausgebaut werden.“Und: „Es soll mehr Sauberkeit auf den Wegen geben, denn auf Glasscherb­en und Müll fährt sich nicht sonderlich gut“, betonen die beiden Frauen.

Andrea Schöpplein wünscht sich mehr Austausch zwischen Deutschlan­d und anderen Ländern, wo die Mobilität mit dem Fahrrad besser und reibungslo­ser funktionie­rt, denn „im Gegensatz zu den Radwegen in Holland, sind die hier bei uns eine Katastroph­e, auf 30 Kilometer Radweg findet man in Holland höchstens eine zerbrochen­e Glasflasch­e“. Fazit: Viele Radler fühlten sich auf den Straßen Leverkusen­s alles andere als sicher.

Im dritten Jahr seines Bestehens ist das „Stadtradel­n“bereits ein Publikumsr­enner. Traten 2016 noch 620 Radler in die Pedale, waren es in diesem Jahr beachtlich­e 1694 Teilnehmer. Die fahren dabei so oft wie es geht mit dem Rad. „Fahrradfah­ren

ist mehr als nur Fortbewegu­ng“, sagte Oberbürger­meister Richrath bei der Preisverle­ihung und zitierte den französisc­hen Anthropolo­gen Marc Augé aus dessen Buch „Lob des Fahrrads“: „Der erste Tritt in die Pedale ist der Beginn einer neuen Autonomie. Innerhalb weniger Sekunden befreit sich der begrenzte Horizont, und die Landschaft gerät in Bewegung.“Dass dieser prosaische Anspruch der Leverkusen­er Wirklichke­it nicht immer gerecht werden kann, weiß Richrath: „86 Prozent der Leverkusen­er Haushalte verfügen über ein Auto, und 60 Prozent nutzen es täglich.“Diese Dominanz sei in anderen Städten nicht so deutlich.

An die Sieger des Stadtradel­ns verteilte Richrath Bargeld, Sachpreise und Einkaufsgu­tscheine. Das aktivste Team, „Kompressor & Luftpumpe“, ist 1905,7 Kilometer pro Teilnehmer geradelt. Das Team „Die Freunde und Förderer der Balkantras­se“ist die meisten Kilometer gefahren, in Zahlen: 40.802. Das beste Ergebnis bei den Schulen erzielte die Käthe-Kollwitz-Schule mit 24.715 Kilometern.

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FOTO: RALPH MATZERATH Sie haben beim „Stadtradel­n“in Leverkusen erfolgreic­h in die Pedale getreten: Die Sieger Stefan Schmitz-Mahlke, Pascal Hildebrand­t, Jan Haller und Johann Lalla (v. li.).

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