Rechnungshof attackiert Energieminister
In einem Bericht für den Bundestag werfen die Bonner Prüfer dem Wirtschaftsministerium vor, den Umbau der Energieversorgung seit Jahren unzureichend zu steuern und hohe Kosten für die Bürger einfach in Kauf zu nehmen.
BERLIN Der Bundesrechnungshof (BRH) macht der Bundesregierung schwere Vorwürfe bei der Umsetzung der Energiewende. „Der enorme Aufwand und die starke Belastung der Bürger stehen in krassem Missverhältnis zum bisher dürftigen Erfolg der Energiewende“, sagte BRH-Präsident Kay Scheller. In einem Prüfbericht, der am Freitag an Regierung, Bundestag und Bundesrat geht, kritisieren die Rechnungsprüfer eine unzureichende Koordinierung und Steuerung des Umbaus der Energieversorgung durch das Wirtschaftsministerium. Trotz der Kosten von über 34 Milliarden Euro im Jahr 2017 für den Bund und die Stromverbraucher würden wesentliche Ziele der Energiewende verfehlt.
Der Bericht ist ein Frontalangriff auf das von Peter Altmaier (CDU) geführte Wirtschaftsministerium. Die Bonner Prüfer werfen ihm nichts weniger vor, als untätig dabei zuzuschauen, wie wesentliche Zielsetzungen der Energiewende nicht erreicht würden. Fördertöpfe für besseren Klimaschutz blieben ungenutzt, die Koordination zwischen zu vielen Akteuren bleibe ebenso aus wie eine transparente Analyse von Aufwendungen und Erträgen der Energiewende. Das Ministerium wies in seiner Stellungnahme alle Vorwürfe zurück.
Die Regierung verfehle ihre Energiewende-Ziele bei der CO2-Reduktion, bei der Senkung des Primär-Energieverbrauchs, bei der Steigerung der Energieproduktivität und bei der Steigerung des Anteils der erneuerbaren Energien im Verkehrssektor, so der Prüfbericht. Auf der anderen Seite würden Bürger, Wirtschaft und der Staat aber mit hohen Kosten belastet. In den letzten fünf Jahren habe die Energiewende mindestens 160 Milliarden Euro verschlungen. Der BRH fordert die Regierung auf, einen transparenten Gesamtüberblick über die Zielerreichungen und die Aufwendungen vorzulegen. Zudem seien zu viele Stellen und Personen in der Regierung mit der Energiewende befasst, die Masse an Regulierungen sei unübersichtlich. „Viel hilft nicht unbedingt viel“, so der BRH.
Es gebe in der Regierung keine zentrale Steuerungsstelle, die die Gesamtverantwortung übernehme. Viele von ihr gesammelte Daten hätten keinen Steuerungswert. „Wir haben es bei der Umsetzung der Energiewende nicht mit einem Erkenntnisproblem zu tun, sondern mit einem Umsetzungsproblem“, sagte Scheller. Deutschland habe seine internationale Vorreiterrolle wegen der schleppenden Umsetzung längst an die skandinavischen Länder sowie Österreich, Frankreich und Großbritannien verloren. Alle diese Länder stünden im globalen Energiewende-Index des Weltwirtschaftsforums vor Deutschland, das auf Platz 16 zurückgefallen sei.
Viele Förderprogramme des Wirtschaftsministeriums, die Energieeffizienz oder CO2-Einsparungen steigern sollten, würden kaum nachgefragt, was das Haus von Altmaier aber nicht daran hindere, die Programme weiterzuführen. So habe man etwa für das Programm Belastung Stromkunden Belastung des Bundes
„StepUp“zur Verbesserung der Stromeffizienz bei Unternehmen tausend Anträge 2017 erwartet, tatsächlich eingegangen seien nur drei. Um Treibhausgasemissionen wirksam zu verringern, empfahl der BRH, einen Preis für den CO2-Ausstoß für alle Wirtschaftssektoren einzuführen.
Das Wirtschaftsministerium entgegnete, die „etablierten Strukturen“seien geeignet, „die Energiewende effektiv und effizient zu koordinieren“. Einen interministeriellen Ausschuss zur Steuerung lehnte es ab. Die Ziele Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Umweltverträglichkeit könnten nicht auf quantitative Ziele reduziert werden. Zudem müsse bei einer Betrachtung der Kosten der Energiewende immer auch gegengehalten werden, welche Kosten auf Bürger und Staat zugekommen wären, wenn die Energiewende nicht eingeleitet worden wäre. Das Ministerium will zudem die Umlage des Erneuerbare-Energien-Gesetzes nicht als Kosten der Energiewende betrachten.