Ryder Cup ohne Kaymer und Co.
Kein Bernhard Langer, kein Martin Kaymer: Nach langer Zeit findet der Ryder Cup ohne einen deutschen Golf-Profi statt. Der Verband versucht dieser Entwicklung entgegenzusteuern. Was ist los im deutschen Golf?
PARIS (dpa) Martin Kaymer war nicht mehr zu halten. Völlig berauscht über seinen alles entscheidenden Zwei-Meter-Putt sprang der Ryder-Cup-Held dem Spanier Sergio Garcia in die Arme und rannte mit einer Deutschland-Fahne quer über den Golfplatz. Deutschlands Golfstar hatte das Wunder von Medinah perfekt gemacht und den entscheidenden Punkt für Europa zum 14,5:13,5-Triumph in den USA geholt – das war vor sechs Jahren. Doch bei der 42. Auflage des Kontinentalvergleichs, von diesem Freitag an in Paris, fehlt gänzlich die deutsche Note.
Damit ist auf dem Kurs „Le Golf National“vor den Toren der französischen Hauptstadt seit 1981 erst zum vierten Mal nach 1999, 2006 und 2008 kein deutscher Golfer im Team Europa aktiv. Immer wieder haben deutsche Profis die Geschichte des Ryder Cups entscheidend mitgeprägt. Golf-Idol Bernhard Langer gleich zehnmal als erfolgreicher Spieler von Beginn der 80er Jahre bis hin zu seinem Triumph als Kapitän des europäischen RyderCup-Teams 2004. Von 2010 bis 2016 glänzte dann Kaymer in den Reihen der Europäer beim prestigeträchtigen Kampf gegen die besten Golfer aus den USA. Kaymer ist in dieser Saison außer Form und konnte sich nicht zum fünften Mal für das größte und emotionalste Golf-Event der Welt qualifizieren. Auch eine Wildcard von Europas Team-Kapitän Thomas Björn blieb dem 33-Jährigen aus Mettmann verwehrt.
Kaymer hofft, dass dies ein Einzelfall bleibt und er in zwei Jahren in den USA wieder eine feste Größe im europäischen Team sein wird. „Ich freue mich jetzt schon darauf, den Ryder Cup mit euch allen 2020 zu verteidigen. Go Europe!“, schrieb der derzeit in der Weltrangliste auf Position 154 abgerutschte zweimalige Major-Sieger auf seiner Facebook-Seite, nachdem Kapitän Björn ihn nicht berücksichtigt, und die Wildcards an Paul Casey (England), Sergio Garcia (Spanien), Ian Poulter (England) und Henrik Stenson (Schweden) vergeben hatte.
Neben Kaymer, der im Februar 2011 für acht Wochen die Nummer eins der Welt war, ist derzeit kein weiterer deutscher Profi in Sicht, der in Zukunft den Sprung in das europäische Ryder-Cup-Team schaffen könnte. Im aktuellen Ranking befindet sich nur Kaymer unter den Top 200.
Auch für den Deutschen Golf Verband (DGV ) ist das eine unbefriedigende Situation. „Auch wenn Martin Kaymer oder ein anderer deutscher Tourspieler in Paris abschlagen würde, den Zustand der Zufriedenheit gibt es für uns als Sportverband nicht“, sagte der Vorstand Sport des DGV, Marcus Neumann. „Die Situation ist aber durchaus so, dass derzeit so viele deutsche Profis auf den Touren spielen wie nie zuvor – Tendenz steigend.“Sportkonzeptionell sei der DGV sehr gut aufgestellt und sicher auf sportwissenschaftlicher Höhe der Zeit.
Nach Neumanns Ansicht wird es immer schwieriger, Kinder und Jugendliche hierzulande für den Golfsport zu begeistern. „Leistungssport in Deutschland ist über alle Sportarten hinweg kein Selbstläufer mehr – so auch für den Golfsport“, sagte der 55-Jährige. „Der Kampf um das sportliche Talent ist auch angesichts des sich verändernden Freizeit- und Sozialverhaltens in der Gesellschaft unter den Sportverbänden und den Freizeitangeboten voll entfacht.“
Diesen Kampf will der DGV annehmen und mit drei Faktoren, neben dem Projekt „Abschlag Schule 2.0“, für sich entscheiden: Spaßerlebnis, sportlicher Fortschritt sowie das soziale Wohlfühlen sollen zukünftig mehr Kinder in die Golfklubs locken. „Trotz intensiver Bemühungen ist es aber nicht planbar, dass ein absoluter Weltstar geboren wird“, erklärte Neumann.