Kaczmarek – zwischen allen Stühlen
Ihm reicht manchmal einfache Wellpappe, um Kunst zu schaffen. Jetzt gibt’s eine Werksschau im Künstlerbunker. Besucher sollten Zeit mitbringen.
OPLADEN Auf der Einladung sind offenbar die Vokale abhanden gekommen, das Plakat hat andere Fehler. Typisch Peter Kaczmarek, der in einem halben Jahrhundert als Künstler daran gewöhnt ist, dass sein polnischer Nachnamen falsch geschrieben wird. Er nimmt es mit entwaffnender Gelassenheit und sagt: Macht doch was ihr wollt.
Und das nimmt er auch für sich in Anspruch. Dazu passt, dass er als einziger Atelierinhaber im Künstlerbunker keine Einzelausstellung zum runden Geburtstag im nächsten Jahr machen wird. Er präsentiert stattdessen eine kleine Auswahl seines bisherigen Schaffens im Alter von 69: „Petr Kczmrk – Zwischen allen Stühlen“. Der Titel ist Botschaft oder gar Lebensmotto des stillen aber hintergründigen Denkers mit Humor und Wortwitz, der mit Sicherheit der Sparsamste unter den 13 Bunker-Künstlern ist.
Er braucht weder Leinwand noch weißes Papier, keine Palette von Farben. „Läden mit Künstlerbedarf verfluchen mich“, behauptet er. Wenn sie ihn überhaupt je gesehen haben, möchte man hinzusetzen, denn Kaczmarek findet seine Materialien an jeder Ecke. Er malt auf Teile alter Teekisten oder ausrangierte Tabletts, zerschneidet Kartons und verwendet anschließend jedes Schnipselchen der Wellpappe (teils auseinandergepflückt) für Collagen und mehrteilige Bilder, die ganze Geschichten erzählen.
Zum Beispiel die vom Mann mit dem roten Hut, der unter einem roten Ferrari landet und dann ebenso ins Jenseits schwebt wie seine Kopfbedeckung. Außer den beiden roten Elementen sind die Bilder und Bildchen komplett geschwärzt und die „Zeichnungen“nur durch die unterschiedlichen Materialien zu erkennen. Außer Pappe verwendete Kaczmarek schmale Stoffstreifen und einzelne Fäden, die er noch von der Gemeinschaftsausstellung „Bahnen“übrig hatte, für die jeder Künstler im Haus ein Stück Leinen in gleicher Größe bekam.
Er ist eben sparsam mit seinem Material. Diese neue Bildergeschichte knüpft nahtlos an eine ältere, ziemlich makabre an. „Die Hand des Attentäters“lässt er in winzigen Fetzen auf schwarzen Kärtchen über die Wand fliegen. „Solange ich lebe, solange ich arbeite, lande ich immer wieder zwischen allen Stühlen“lautet sein Kommentar zu den kleinen Zeichnungen im fensterlosen Kabinett, wo er mit Humor die ewigen Gratwanderungen des Lebens karikaturhaft vor Augen führt. Viele Jahre hat er mit spitzer Feder illustriert und kommentiert. Spiegel,
Lui, Playboy oder Tageszeitungen druckten seine Cartoons und Karikaturen. Die hat er neben vielen Leverkusener Erinnerungen an Unternehmungen der hiesigen Kunstszene zum Stöbern ausgelegt. Wer diese Ausstellung besucht, ist nicht so schnell durch. „Ich nehme mir ja auch Zeit beim Machen“, sagt Kaczmarek lakonisch.
Alleine für die skurrilen Ansichtskarten, die er an sich selbst adressierte, braucht man ein Weilchen. Zu dieser Ausstellung gibt es zwei neue Veranstaltungsformate. Am 31. Oktober wird das Licht gelöscht und alle Besucher mit Kerzen durch die Schau geschickt. Am nächsten Tag folgt der erste Bunker-Talk über die Nonsense-Frage, ob Dunkelheit noch zeitgemäß sei.