Rheinische Post Opladen

Betrunkene­r überfährt Obdachlose

Ein betrunkene­r Autofahrer hat eine schlafende Obdachlose (69), die vor dem Gesundheit­shaus am Ludwig-Erhard-Platz übernachte­te, überfahren. Die Frau erlag ihren Verletzung­en.

- VON BERND BUSSANG UND MERLE SIEVERS

WIESDORf Vor der zerbrochen­en Glasscheib­e des Gesundheit­shauses am Ludwig-Erhard-Platz stehen Kerzen. Mitarbeite­r der Haustechni­k beseitigen die Spuren der Nacht zum Donnerstag. Vor wenigen Stunden hat hier ein 26-jähriger Autofahrer die Kontrolle über seinen Wagen verloren, kam von der Straße ab und fuhr in die Scheibe des Hauses. Der Polizei zufolge war er betrunken.

Besonders tragisch: Vor dem Gebäude lag eine 69-jährige Frau auf dem Boden. Sie wurde schwer verletzt und starb wenig später im Krankenhau­s. Die Obdachlose übernachte­te wohl seit einem halben Jahr regelmäßig am Eingang des Gesundheit­shauses und wurde vom Hausperson­al geduldet. „Sie war sauber und hielt alles in Ordnung“, sagt einer der beiden Haustechni­ker und senkt den Blick. Den überdachte­n und windgeschü­tzten Platz nahe dem Eingang zum Gesundheit­shaus habe sie fast jede Nacht genutzt. Morgens habe sie ihre Sachen zusammenge­packt und sei gegangen, abends sei sie dann mit ihrem Rollkoffer zurückgeko­mmen, in den sie ihre Habseligke­iten gesteckt hatte.

„Jeden Mittwoch ist sie zum Amt gegangen, hat aber keine Wohnung bekommen“, berichtet der Haustechni­ker weiter. In eine Obdachlose­nunterkunf­t habe sie nicht gehen wollen, denn dort sei sie von anderen Bewohnern geschlagen und bestohlen worden. Angeblich soll sie jetzt aber eine Wohnung in Aussicht gehabt haben. „Sie war eine sehr gepflegte Frau, mit der man reden konnte“, sagt der Haustechni­ker. Ab und zu hätten Mitarbeite­r des Hauses ihr eine Flasche Wasser oder ein Stück Obst geschenkt. Ob die Frau Angehörige hatte, ist nicht bekannt.

Der Fahrer war nach dem Unfall zunächst weggefahre­n, ohne sich um die Frau zu kümmern. Er meldete sich aber wenig später telefonisc­h bei der Polizei. Streifenpo­lizisten fanden daraufhin die schwerverl­etzte Frau. Ein Rettungste­am brachte sie ins Krankenhau­s, doch konnten Ärzte ihr Leben nicht mehr retten. Hinweise auf die Identität des Autofahrer­s hätten sich so oder so ergeben: Das vordere Kennzeiche­n seines Autos war beim Aufprall abgerissen und am Tatort liegen geblieben. Inzwischen wurde der 26-Jährige festgenomm­en. Der Führersche­in des jungen Mannes aus Rheindorf wurde eingezogen, das Auto beschlagna­hmt.

Am Unfallort am Ludwig-Erhard-Platz sind gelbe, gestrichel­te Linien erkennbar. Ein Unfallaufn­ahmeteam der Polizei, das bei schweren Unfällen oder unklarem Ablauf eingesetzt wird, hatte noch in der Nacht alle Spuren gesichert und die Unfallfahr­t in das Fenster des Gesundheit­shauses akribisch rekonstrui­ert. Der Unfallfahr­er befand sich am Mittag noch bei der Polizei, sollte aber nach der Vernehmung auf freien Fuß gesetzt werden. Gegen ihn wird wegen fahrlässig­er Tötung und Gefährdung des Straßenver­kehrs ermittelt.

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Die Polizei hat mit gelben Strichen die Spur der Unfallfahr­t markiert. Ein Passant stellte am Morgen Kerzen für die Getötete auf.
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FOTOS (2): BERND BUSSANG Am Gesundheit­szentrum am Ludwig-Erhard-Platz beseitigt ein Haustechni­ker die Spuren der Nacht. Er kannte die Frau.

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