Gemalte Orte des Kraftschöpfens
Heiderose Birkenstock-Kotalla, kurz BiKo, zeigt ab kommende Woche ihre Werke in den eigenen Schauräumen in Leichlingen.
LEICHLINGEN In der Leverkusener Forum-Galerie geht gerade eine Ausstellung zu Ende, in der Heiderose Birkenstock-Kotalla ihre neusten großformatigen Arbeiten zum Thema Gletscher zeigt. Kleinere Variationen solcher Strukturen von Eis und Geröll sind ab nächster Woche in den Schauräumen ihrer eigenen Galerie zu sehen.
Diese Flächen haben nichts von unberührtem weißen Schnee, sondern schimmern in allen Grau-Nuancen und scheinen Geschichten von der Kraft der Natur zu erzählen, die Gestein zu färbenden Partikeln zermahlen kann. BiKo setzt auf die Gewohnheit der Menschen, wenn sie Irritationsmomente schafft, etwa ein großes Quadrat leicht schief ins Bild setzt, an dem immer etwas schief bleiben wird.
Sie lacht. „Das ist wie im Leben“, sagt sie. Darüber denkt sie viel nach und verarbeitet das auf unterschiedliche Weise. Nicht nur inhaltlich, wenn sie einfache Farbe als Transportmittel für Gefühle und Stimmungen nutzt. Sondern auch rein technisch, wenn sie Schicht um Schicht übereinander legt, dabei die vorherigen teilweise überdeckt und im Detail plötzlich konkrete Darstellungen entdeckt. „Wenn ich male, erlebe ich so viele Abenteuer, dass ich gar nicht mehr das Bedürfnis habe, irgendwohin zu fahren“, sagt sie. Allerdings hat die 75-Jährige schon viele Orte bereist und die optischen wie sinnlichen Eindrücke so intensiv abgespeichert, dass Erinnerungen in den Malprozess fließen und auf einmal Bilder entstehen wie das von Vlieland, in dem andere eine glimmende Moorlandschaft erkennen mögen. Oder das vernebelte „Oulu-Bild“, das sie zum Städtepartnerschafts-Jubiläum gemalt hat, ohne je dort gewesen zu sein.
Neben großen Leinwänden hat sie in diesem Jahr kleine Landschaften gemalt, für die sie zerknautschtes, aufgezogenes Papier nutzte. Die sichtbaren Knicke geben dabei landschaftliche Strukturen vor, die sie in der Arbeit mit Farbe und Zeichenstift einbezog. Dabei hält sie es mit Max Ernst und wird vom Maler zum Betrachter. Sie hat auch das Bedürfnis, Ordnung in das Chaos, beziehungsweise in die Überfülle des Lebens zu bringen. Das tut BiKo mit Hilfe von Kästchenstrukturen, die sie über eine Leinwand legt, um Wichtiges, Kurioses und wesentliche Erinnerungsstücke hineinzulegen und unter weiteren Malschichten zu verwahren.
Wie ihre Landschaften, so bekommen auch diese „Setzkastenbilder“dadurch etwas Wert- und Geheimnisvolles. Nichts ist Realistisch, nichts unmittelbar oder eindeutig zu sehen und doch erkennt jeder Betrachter für sich konkrete Details. Vielleicht nicht dieselben wie die Malerin, sondern Dinge, die sich aus dem eigenen Erlebnishorizont ergeben. Aber genau das wollte die Künstlerin auch, die in diesen dreidimensional erscheinenden Bildern ihren persönlichen Beitrag zur digitalen Welt sieht. Die lehne sie nicht ab, stellt sie klar, dass sie den Nutzen sehr wohl zu schätzen weiß. „Aber das ist mein Rückzug.“Und der wird für den Betrachter genauso Ort zum Träumen und zum Kraftschöpfen.