Rheinische Post Opladen

Mini und Schlaghose sind museumsrei­f

Das Industriem­useum Cromford widmet sich in seiner neuen Ausstellun­g der Mode und dem Zeitgeist der 68er.

- VON GABRIELE HANNEN

RATINGEN Mit Sicherheit haben Gretchen und Rudi Dutschke nicht die Klamotten getragen, die das LVR-Industriem­useum Cromford ab dem kommenden Sonntag unter dem Begriff „Mode 68 – mini, sexy, provokant“auf 500 Quadratmet­ern präsentier­t.

Dass die Dutschkes – Rudi und Gretchen – weniger mode-affin waren, wird auch eingeräumt. Aber – sieht man sich die grellbunte­n, häufig kunststoff­lichen Gewänder an, mag man auch nicht glauben, dass die einer ganzen, einer aufmüpfige­n und rigorosen Generation gefallen haben könnten.

Nebenbei sei gesagt, dass die Jacke, die da als „Parka“präsentier­t wird, schon im Jahr 1968 eher von royalen Briten bei der Moorhuhnja­gd geschleppt worden ist, als dass sie SoWi-Studenten auf ihrem Gang in die muffigen Unis gewärmt hätte.

Man fuhr Fahrrad, Ente oder R4, wusste, was Joints sind und wie sie fröhlich machen können und war von Beatles und/oder Rolling Stones verzückt.

Vater kaufte die bügelfreie­n, immer gelber werdenden Nyltest-Hemden, die vornehmlic­h strengen Körpergeru­ch konservier­ten. Bubi und Freundin wollten – so sie höchstens ein bisschen über 20 waren, ganz anders sein als die alten Herrschaft­en mit ihrer spießig eleganten Aufmachung. Man wollte auch kein zeitgeisti­g aufgebreze­ltes Kind sein.

Und die junge Frau, die heute Oma ist und von dem dazugehöri­gen Opa wegen ihrer feschen Klamotten ein toller Feger genannt wird – hat die etwa den schrill bunten Kram angezogen? Lügt Opa heute, weiß er nicht, was er damals gesehen hat? War Oma damals tatsächlic­h völlig geschmacks­befreit?

Beides nein. Nur – die Ausstellun­g zeigt Beispiele einer Mode, wie sie vor fünf Jahrzehnte­n als Kontrapunk­t zum damals üblichen gediegenen Nachkriegs­schick in die Läden und an den Leib kam. Und unter den Exponaten sind eben auch grausliche Beispiele, denen man nicht ansieht, dass man auch in Courreges-Kleidern, mit silbernen Stiefelche­n und metallenen Westen durch den Alltag und seine gelegentli­chen Highlights tingelte.

Ein gediegener Katalog (10 Euro) zeigt Fotos zu einzelnen Mode-Stichwörte­rn. Wobei der Text zu Hotpants zum Beispiel nicht zu dem daneben stehenden Bild der Schlabbers­horts passt. Gottlob sind auch die Hippies nicht vergessen, tauchen lange Röcke, indische Kleider und die zottelige Afghanenja­cke auf. Grüße einer fernen Zeit, die sehr wohl auch heute im stromlinie­nförmigen Mode-Mainstream Wellen machen könnte.

Die Ausstellun­g läuft noch mehr als ein Jahr, nämlich bis zum 22. Dezember 2019. Sie ist dienstags bis freitags von 10 bis 17, samstags und sonntags von 11 bis 18 Uhr zu besuchen. Während der Schul-Weihnachts­ferien allerdings macht das Industriem­useum Betriebsfe­rien. Kinder und Jugendlich­e haben freien Eintritt, Erwachsene zahlen 5,50 Euro, Führungen kosten 50 Euro (Anmeldung unter 02234-9921555.

Und auch für Schnüffler gibt es etwas: Man kann die Düfte der damaligen Zeit genießen, als sich Patchouli und 4711 genauso wie die Generation­en bekämpften.

Öffentlich­e Führungen sind am 4. November und 9. Dezember von 11 bis 12.30 Uhr. Kosten: 8 Euro Erwachsene, 2,50 Euro Kinder und Jugendlich­e. Adresse: Cromforder Allee 24 in Ratingen.

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RP-FOTOS (4): ACHIM BLAZY Christiane Syré (links) und Claudia Gottfried haben die Ausstellun­g konzipiert.
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Die 68er waren jedoch weit mehr als Mode: Eine Multimedia­wand erinnert an die politische­n Umwälzunge­n.
 ??  ?? Das Zottelfell war groß in Mode, ob als Besatz oder gar als ganzer Mantel.
Das Zottelfell war groß in Mode, ob als Besatz oder gar als ganzer Mantel.
 ??  ?? Der Weltraumlo­ok erinnert stark ans Raumschiff Orion.
Der Weltraumlo­ok erinnert stark ans Raumschiff Orion.

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