Rheinische Post Opladen

In der Altstadt ziehen die Wirte an einem Strang

Nachbarsch­aften sind heutzutage nicht mehr selbstvers­tändlich. Man muss sie beleben. Das tun Monheims Gastronome­n – mit Hilfe der Stadt.

- VON HEIKE SCHOOG

MONHEIM Wir sind verabredet. Es ist Montag, 15 Uhr. Ruhetag im Pfannenhof. Bernd Firneburg lässt uns durch eine Nebentür herein. Ich gehe schnellen Schrittes an ihm vorbei in den Schankraum. „Herzilein“, tönt es hinter mir. Ich dreh mich um. Firneburg grinst mich an, hält mir die Hand hin: „Guten Tag“. Angekommen im Pfannenhof. „Mein Vater ist die Seele des ganzen Ladens.

„Das Sprechen miteinande­r fehlt generell überall“Bernd Firneburg Pfannenhof

Er gehört quasi zum Inventar“, sagt Beate Firneburg. „Und wenn er mal nicht da ist, dann beklagen sich die Gäste.“

Bernd Firneburg, der seit 2002 den „Pfannenhof“an der Turmstraße betreibt, tut viel dafür, dass es so ist. Und er tut es mit Herz und Fingerspit­zengefühl. Wenn er da ist, geht er von Tisch zu Tisch, macht einen Spaß, fragt, ob es schmeckt, bringt die Gäste zum Lachen. „Dann werden sie locker und erzählen“, berichtet er. Und ganz wichtig: „Jeder neue Gast bekommt ein Lächeln“. Das schärfe er den Mitarbeite­rn ein. „Ein Lächeln und einen Blick in die Augen. Dann fühlen sich die Menschen willkommen. Sie reden. Mit mir und mit anderen, tauschen sich aus.“

Und das macht seine Gaststätte zu einem Treffpunkt. Geht es nach Firneburg, so muss man den Begriff Nachbarsch­aft heute weit fassen. Denn das, was früher selbstvers­tändlich gelebt wurde, müsse heute mit mehr Aufwand hergestell­t werden. Das gelte für seine Gaststätte, aber genauso gut für die gesamte Altstadt. „Früher gab es eine Handvoll Wirte, die kannten sich und haben gemeinsam Ausflüge gemacht.“Dann seien die Brauereien gekommen, hätten die Gasträume hergericht­et. „Hat es ein Wirt geschafft, ist er geblieben. Hat er es nicht geschafft, gab es einen Wechsel. Da konnte kein Nachbarsch­aftsgefühl entstehen.“

In Monheim sei das in den vergangene­n Jahren wieder anders geworden. „Die Stadtverwa­ltung hat die Wirte regelmäßig zu Treffen eingeladen. Wir haben gemeinsam beraten, was wir machen können.“Die aktuellen Wirte stünden so in einem regelmäßig­en Austausch. „Wir machen vieles gemeinsam. Aber wenn einer eine eigene Aktion hat, mischen wir uns nicht ein, bieten nicht dasselbe an. Etwa die Whisky-Verkostung, die der Spielmann anbietet, die sei dann exklusiv. „Da war ich auch schon“, sagt Firneburg. Und den Weiberfloh­markt, an dem er sich regelmäßig beteiligt, den findet er super. Und überhaupt habe das „Café mit Liebe“in Monheim viel dazu beigetrage­n, dass die Nachbarsch­aft unter den Wirten gestärkt

worden ist. „Die beiden Frauen machen das exzellent“, sagt Firneburg. „Das ist keine typische Kneipe, sondern ein Café. Das Angebot ist gut. Die Atmosphäre persönlich.“

Stimmt. Schon morgens früh dient das Café als Treffpunkt, überwiegen­d für Frauen, mit oder ohne Kinder, in Begleitung oder alleine sitzen an den kleinen Tischen aus Vintage-Mobiliar. Seit August 2015 gibt es das Café im Herzen der Altstadt, gegründet von zwei Monheimeri­nnen: Simone Windges und Miriam Winzer. Seither pflegen die beiden Frauen, die selbst backen, Brote bestreiche­n und Kaffee servieren, eine gute Nachbarsch­aft zu ihren Mitstreite­rn. „Für eine gute Nachbarsch­aft muss der Draht zum anderen stimmen“, sagt Windges. So haben sie früh eine enge Verbindung zum „Lieblingsl­aden“nebenan aufgenomme­n, netzwerken mit den anderen Gastronome­n. „Wir sind zu einer Anlaufstel­le geworden“, sagen sie. „Wir sind einfach da und immer ansprechba­r. Wir haben ein Ohr.“Und das gelte auch für die Mitarbeite­r, die ganz selten wechseln, so dass die Gäste auch sie kennen.

Ein bis zweimal im Monat kommt Maike Pawlik mit ihrer Freundin Kerstin Schneider ins Café. „Es ist klein und heimelig hier“, sagen sie. Und sehr persönlich. „Hier ist der Name Programm“, finden die beiden Mittdreißi­gerinnen, die auch daheim in Baumberg eine gute Nachbarsch­aft mit Bewohnern nebenan pflegen. „Das schätzen wir sehr.“Schüler und Studenten kommen ins Café, „wegen der trendigen Lebensmitt­el“, sagt Windges. Sie freut sich, dass sich die Altstadt so gut entwickelt hat. Der Spielmann mit Markus Preikschat sei ein prima Mitstreite­r, ebenso der Pfannenhof und die Biermanufa­ctur. Auch Bernd Firneburg hat immer ein offenes Ohr – nicht nur für Gäste, sondern auch für Kollegen. Die klassische Theke, wie es sie früher einmal gab, wo Gäste ein, zwei Bier tranken, ihr Herz ausschütte­ten und dann wieder gingen, gebe es kaum mehr. „Die Menschen sind misstrauis­cher geworden.“Seine Theke bleibt auch meist auch leer. Bei ihm sitzen die Gäste an einem der vielen Tische und freuen sich, wenn der Wirt zu ihnen kommt. Dann ist die Welt im Monheimer Pfannenhof in Ordnung.

 ?? RP-FOTO: RALPH MATZERATH ?? Mit Bierdeckel und Bleistift Bernhard Firneburg ist Wirt im Pfannenhof. Er macht nicht nur die Striche auf dem Deckel, sondern unterhält seine Gäste mit Ankedoten und flotten Sprüchen. Und hat dabei immer ein Lächeln auf den Lippen.
RP-FOTO: RALPH MATZERATH Mit Bierdeckel und Bleistift Bernhard Firneburg ist Wirt im Pfannenhof. Er macht nicht nur die Striche auf dem Deckel, sondern unterhält seine Gäste mit Ankedoten und flotten Sprüchen. Und hat dabei immer ein Lächeln auf den Lippen.
 ?? RP-FOTO: HEIKE SCHOOG ?? Simone Windges spricht mit ihren Gästen. Maike Pawlik und ihre Freundin Kerstin Schneider kommen ein- bis zweimal im Monat.
RP-FOTO: HEIKE SCHOOG Simone Windges spricht mit ihren Gästen. Maike Pawlik und ihre Freundin Kerstin Schneider kommen ein- bis zweimal im Monat.

Newspapers in German

Newspapers from Germany