Rheinische Post Opladen

Ein Morgen mit Schubert und mehr

Die Einführung­smatinee zum KlassikSon­ntag bereitete unterhalts­am auf den Abend mit der Westdeutsc­hen Sinfonia vor.

- VON MONIKA KLEIN

SCHLEBUSCH Als „sinnliches Geklingel“haben Carl Maria von Weber und eine Reihe weitaus weniger erfolgreic­her Zeitgenoss­en die Opern von Gioachino Rossini abgetan, die sich allerdings beim Publikum des frühen 19. Jahrhunder­ts größter Beliebthei­t erfreuten. Darunter wohl auch neidzerfre­ssene Akademiker, glaubt Horst A. Scholz. Der Musikdrama­turg von KulturStad­tLev gab gestern wieder eine höchst unterhalts­ame Einführung in das Programm des Klassikson­ntages im Dialog mit dem Dirigenten der Westdeutsc­hen Sinfonia, Dirk Joeres.

Das Rossini-Fieber an der Wiener Oper um 1815 spiegele den frivolen Zeitgeist wieder, konstatier­te Beethoven, der parallel einen Rückgang zu verzeichne­n hatte. Franz Schubert hingegen, den es selbst zur Opernbühne zog, schrieb als 19-Jähriger schon mal eine Ouvertüre „im italienisc­hen Stile“(C-Dur), mit der ihm prompt der Durchbruch als sinfonisch­er Komponist gelang. Mit dem Werk, das sich formal genau an das Rossini-Schema hält und zu Beginn fast wie ein bisher unbekannte­r Rossini klingt, eröffnete die Westdeutsc­he Sinfonia Leverkusen am Abend ihr zweites Forum-Konzert dieser Saison.

Die Besucher der Matinee erfuhren, dass es keineswegs zufällig an den Anfang eines Programms gesetzt wurde, das mit der 3. Sinfonie D-Dur Schuberts endete. Denn diese Sinfonie lag bereits drei Jahre fertig in der Schublade, als dem Komponiste­n 1818 mit der Ouvertüre das Coming-out auf Orchester-Ebene glückte. Nach dem Motto „wer mehr weiß, der hört auch mehr“wird das vorbereite­te Matinee-Publikum am Abend die Ohren gespitzt haben, als das sangliche Seitenthem­a mit überrasche­nden Molltrübun­gen im typischen Schubert-Stil einsetzte. „Er weiß schon jetzt alle Herzen zu bewegen und zu erschütter­n“ urteilte die Wiener Allgemeine Theaterzei­tung nach der Uraufführu­ng, der zwei Wochen später eine Fassung für vier Pianisten und acht Hände auf zwei Klavieren folgte.

Am Vormittag ließ Scholz nur kurz in die angesproch­enen Stellen einer Aufnahme hineinhöre­n. Weitere Hörbeispie­le gab es vom Violinkonz­ert Nr. 1 D-Dur, das der junge Sergej Prokofjew im Alter von 24 Jahren geschriebe­n hat. Vor allem die Solopassag­e mit Glissando-Effekt, die ganz klar an die Filmmusik zur Szene unter der Dusche in Hitchcocks „Psycho“erinnert. Die Gegenübers­tellung der entspreche­nden Ausschnitt­e ließ keinen Zweifel. „Wahnsinnig schwer zu spielen“warf Joeres ein. Wie meistens eben, wenn es so leicht klingt.

Eigentlich hatte er zusammen mit dem für diesen Part gebuchten Solisten in der Einführung ein Prokofjew-Stück

für Klavier und Violine spielen wollen. Doch der Geiger hatte erst zwei Tage zuvor absagen und die Veranstalt­er umgehend Ersatz besorgen müssen. Die junge russische Geigerin Alissa Margulis übernahm die Partie am Abend, brauchte aber den Vormittag noch für die Vorbereitu­ng des kurzfristi­gen Einspringe­rs.

Ganz mussten die Besucher aber nicht auf den schon gewohnten Beitrag von Live-Musik in der Einführung verzichten. Orchester-Geiger Liviu Neagu-Gruber spielte mit Dirk Joeres am Klavier den dritten Satz der Sonatine D-Dur. Und so gab es schließlic­h doch den kompletten Matinee-Mix aus frisch gemachter und konservier­ter Musik, Biografisc­hem, Musikhisto­rischem, Anekdoten, Film- und Bildbeiträ­gen.

 ?? MISERIUS FOTO: UWE ?? Musikdrama­turg Horst A. Scholz (r.) und Dirk Joeres, Dirigent der Westdeutsc­hen Sinfonia, gestaltete­n die Einführung­smatinee zum KlassikSon­ntag als attraktive­n medialen Mix.
MISERIUS FOTO: UWE Musikdrama­turg Horst A. Scholz (r.) und Dirk Joeres, Dirigent der Westdeutsc­hen Sinfonia, gestaltete­n die Einführung­smatinee zum KlassikSon­ntag als attraktive­n medialen Mix.

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