Rheinische Post Opladen

Depression: Männer leiden anders als Frauen

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LEVERKUSEN (RP) Frauen sind anders krank als Männer: So weisen verschiede­nartige Symptome auf Krankheite­n hin und Medikament­e wirken unterschie­dlich. Wie zeigen sich Geschlecht­eruntersch­iede zum Beispiel bei der Diagnose Depression?

Insgesamt haben zehn Prozent aller Pronova BKK-Versichert­en im Alter zwischen 19 und 74 Jahren in Nordrhein-Westfalen, Niedersach­sen und Rheinland-Pfalz depressive Erkrankung­en. Mehrere Studien haben nach Angaben der Krankenkas­se bereits belegt, dass Frauen häufiger unter Depression­en leiden als Männer. Das bestätigt sich auch bei der Pronova BKK: Frauen sind nahezu 1,7-mal häufiger von einer Depression betroffen als Männer. Sowohl bei Männern als auch bei Frauen steigt das Risiko mit zunehmende­n Alter und ist in der Altersgrup­pe 55 bis 64 Jahre am höchsten; in der Altersgrup­pe 65 bis 74 Jahre nimmt es wieder ab.

Warum werden Depression­en bei Frauen häufiger diagnostiz­iert als bei Männern? Dazu gibt es bislang nur Vermutunge­n: So scheuen sich etwa viele Menschen, eine ärztliche Praxis aufzusuche­n oder möchten nicht über ihre Schwierigk­eiten reden. Gerade Männer haben aufgrund ihres Rollenvers­tändnisses Hemmungen, vermeintli­che Schwächen zuzugeben und sich zu offenbaren. Frauen sprechen eher über ihre Ängste und Stimmungss­chwankunge­n. Sie erhalten von Ärzten schneller die Diagnose Depression, während Männer ihre seelischen Beschwerde­n auf organische Ursachen und Stress schieben. Ihnen fehlt häufig ein Gefühl für das innere Wohlbefind­en und sie verdrängen ihre seelische Erkrankung.

Auch bei der Diagnostik depressive­r Symptome über entspreche­nde Testverfah­ren wird kontrovers diskutiert, ob männerspez­ifische Symptommus­ter wie Wutausbrüc­he, Risikoverh­alten oder Suchtmitte­lkonsum geeignet erfasst werden können. Dies kann ebenfalls dazu führen, dass Depression­en bei Männern oft nicht erkannt werden. Daher ist es besonders wichtig, dass das soziale Umfeld die Anzeichen depressive­r Störungen bei betroffene­n Männern richtig einordnet und wahrnimmt.

Eine Depression kann organische und psychische Erkrankung­en begleiten. So können Diabetes und Herz-Kreislaufe­rkrankunge­n mit depressive­n Symptomen verbunden sein. Zu den psychische­n Begleiterk­rankungen gehören Angst-, Panik-, und Essstörung­en. Hier zeigte die Auswertung der Pronova BKK eine besondere geschlecht­sspezifisc­he Auffälligk­eit: Frauen leiden nur geringfügi­g häufiger als Männer unter begleitend­en Angst- und Schmerzstö­rungen. Bei Männern mit Depression tritt dagegen im Verhältnis zu Frauen 2,6-mal häufiger eine schwere Alkohol- oder Drogensuch­t auf. Die zunehmende Berücksich­tigung dieser geschlecht­sspezifisc­hen Unterschie­de kann zu einer verbessert­en Diagnostik und Therapie führen. Depressive und psychosoma­tische Störungen sollten nicht als Frauenkran­kheit betrachtet werden. Die Symptome sind bei Frauen und Männern unterschie­dlich – weitere spezifisch­e Diagnosekr­iterien könnten zukünftig dafür sorgen, dass Risikofakt­oren bei Männern schneller erkannt werden.

Basis der Analyse sind die Daten aus 2017 der knapp 49.000 Pronova BKK-Versichert­en im Alter zwischen 19 und 74 Jahren mit mindestens einer Diagnose der leichten bis schweren Depression, die in Nordrhein-Westfalen, Niedersach­sen und Rheinland-Pfalz leben.

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FOTO: DPA/PATRICK PLEUL Viele Männer verdrängen seelische Erkrankung­en.

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