Rheinische Post Opladen

Horst Seehofers fragwürdig­es Erbe

- VON JANA WOLF

Klare Kante gegen rechtsauße­n – darin sind sich alle Parteien jenseits der AfD einig. Zum Glück. Die demokratis­chen Kräfte stehen zusammen in ihrer Ablehnung der rechtsextr­emen und verfassung­sfeindlich­en Tendenzen der AfD. Umso brisanter ist es, wenn nun eine Recherche der „Süddeutsch­en Zeitung“nahelegt, dass der damalige Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) ein Gutachten des Verfassung­sschutzes über die AfD abgeschwäc­ht haben soll. Hat Seehofer die AfD geschont? Diesen Eindruck erweckt der Bericht. Das wirft nicht nur nachträgli­ch ein schlechtes Licht auf den früheren Minister. Es ist auch innenpolit­isch heikel.

Eine erste Einschätzu­ng des Verfassung­sschutzes ließ am Radikalism­us der AfD keine Zweifel. Mit dem Gutachten wurde immerhin die Beobachtun­g der Partei entschiede­n. Doch Seehofer soll dazwischen­gefunkt haben. So soll der Minister die Kritik an dem AfD-Satz „Der Islam gehört nicht zu Deutschlan­d“abgemilder­t haben, ebenso die Kritik an der AfD-Ablehnung von Zuwanderer­n. Es sind genau jene Punkte, bei denen die CSU im Jahr 2015 und danach versucht hatte, die AfD rechts zu überholen. Der CSU-Chef hieß damals Horst Seehofer; er hat sich schwer verzockt. Umso übler, dass Seehofer ausgerechn­et in diesen Fragen Milde gegenüber der AfD walten ließ.

Die neue Innenminis­terin zieht unter dieses Erbe ihres Vorgängers einen Schlussstr­ich. Der Islam gehöre „natürlich zu Deutschlan­d“, sagte Nancy Faeser (SPD) kürzlich. Sie will den Kampf gegen Islamfeind­lichkeit stärken, Deutschlan­d zu einem „guten Integratio­nsland“machen und Rechtsextr­emisten den Kampf ansagen. Das klingt vielverspr­echend. Doch bisher sind es auch nicht mehr als vollmundig­e Ankündigun­gen. Faeser hat die Messlatte selbst hoch gelegt. Jetzt muss sie auch hoch springen.

BERICHT ZWEI VERSIONEN ÜBER DIE AFD, POLITIK

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