Rheinische Post Opladen

Kein Mitleid mit Ginter und Haaland

Die beiden Fußballpro­fis wollen im Sommer den Verein wechseln. Ihre aktuellen Arbeitgebe­r verlangen dazu mit Recht ein klärendes Wort, denn sie brauchen Planungssi­cherheit.

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Fußballsta­rs sind doch bemitleide­nswerte Kerle. Sie müssen nicht nur für ein paar Milliönche­n im Jahr öffentlich Leibesübun­gen machen. Das unersättli­che Publikum begleitet auch alle Fragen nach ihrer berufliche­n Zukunft. Jüngste Beispiele: Matthias Ginter und Erling Haaland.

Die Ausgangsla­ge der beiden künftigen Transferfä­lle ist ähnlich. Der (Noch-)Mönchengla­dbacher Ginter will seinen Vertrag nicht verlängern und kann im Sommer ablösefrei den Verein wechseln. Der Dortmunder Haaland hat sich für den Sommer eine Ablösesumm­e von 75 Millionen festschrei­ben lassen. Preiswert für einen Stürmer seiner Klasse.

Beide werden spätestens zur neuen Saison einen neuen Klub haben. Dass sie den Namen des neuen Vereins womöglich noch nicht kennen, ist natürlich schrecklic­h. Vermutlich bringt sie diese Ungewisshe­it um die gesunde Nachtruhe.

Wie sie den Wechsel erklären, wissen sie aber schon. Die Sprachrege­lung lautet: „Ich möchte den nächsten Schritt gehen und eine neue Herausford­erung annehmen.“Dass neue Herausford­erungen immer auch mehr Geld und ruhmreiche­re Arbeitgebe­r bedeuten, sagt erst einmal niemand. Zu hören ist es trotzdem. Und dass die Beraterfir­men im Hintergrun­d darüber sehr froh sind (übers

Geld, weniger über den Ruhm), gehört zum Geschäft. Schließlic­h verdienen sie an jedem Abschluss sieben bis zehn Prozent. Deshalb entwerfen die Agenten nicht selten die Karrierepl­äne ihrer Klienten. Und deshalb finden sie den regelmäßig­en Arbeitgebe­rwechsel ihrer Spieler ziemlich gut. Die Agenten sind daher sicher noch weniger bedauernsw­ert als die Spieler. Sie schlafen sicher auch besser.

Wenn die Berater ihr Geschäft besonders gut verstehen, dann schicken sie ihre Fußballer dennoch zum Jammern in die Öffentlich­keit. Es ist sicher, dass Erling Haalands aufsehener­regendes Interview mit seinem Landsmann Jan-Aage Fjörtoft mindestens mal im Sinne des berühmten Agenten Mino Raiola war. Haaland beklagte in dem Gespräch, wie sehr ihn Borussia Dortmund unter Druck setze und auf eine Entscheidu­ng dränge. Dabei „ist doch alles, was ich will, Fußball spielen“. Zuschauer sollen spontan in Tränen ausgebroch­en sein.

Ginter lässt andere für sich jammern. Er ließ Mönchengla­dbach so lange mit konkreten Äußerungen zu seinen Zukunftsau­ssichten hängen, bis der Klub ein Angebot zur Vertragsve­rlängerung zurückzog und damit die Wechselwil­ligkeit offiziell anerkannte. Dass Ginter daraufhin zunächst mal auf die Bank gesetzt wurde, damit ein verletzung­sfreier Transfer noch im Winter nicht gefährdet wurde, ist branchenüb­lich. Die Öffentlich­keitsarbei­t zu dieser Maßnahme war allerdings wenig glücklich. Und dass Ginter ein paar Tage darauf im Pokal wieder spielte, sieht ebenfalls nach seltsamem Wankelmut aus. Vielleicht ist der Grund dafür, dass sich Interessen­ten an Ginters Diensten in den vergangene­n Tagen vom Acker gemacht haben. Sie können darauf bauen, den Spieler im Sommer entschiede­n billiger, ohne Ablösezahl­ung zu bekommen.

Im Unterschie­d zu Haaland kommentier­te Ginter seine Lage nicht. Das ist schlau, denn damit gab er vielen Menschen die Chance, seine untadelige Haltung zu preisen und den Klub als garstiges Unternehme­n zu schmähen.

Dabei wollen Gladbacher und Dortmunder Führung nur eines: Klarheit für ihre eigenen Planungen. Die Gladbacher unterstric­hen das durch eine Art Machtwort ihres Managers Max Eberl zum Jahreswech­sel, die Dortmunder offenbar durch die leise Bitte an Haaland und seine Berater, jetzt doch mal zu sagen, wo es im Sommer lang geht. Daran ist nichts verwerflic­h. Zu bedauern ist in diesem Spiel darum niemand – vor allem die Spieler sind es nicht. Denn sie müssen sich um die Zukunft wirklich nicht sorgen.

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