Currenta muss noch Chemiewasser entsorgen
28.400 Kubikmeter kontaminiertes Wasser plus weitere verdorbene 5000 Kubikmeter aus einem Kanalnetz standen und stehen zur Entsorgung nach dem Explosionsunglück an. Jetzt berichtet das Umweltministerium.
LEVERKUSEN „Der ganze Vorgang ging so schnell, dass die Sicherungseinrichtungen den dadurch bedingten sehr schnellen Druckanstieg nicht mehr abführen konnten. Als der Druck dann über dem Auslegungsdruck des Behälters lag, explodierte dieser physikalisch. Durch die Explosion vermischten sich die restliche Abfallflüssigkeit und das Heizöl mit Luft und zündete dabei sofort durch“: So fasst ein Sachverständiger die Ergebnisse im vierten Zwischenbericht zum Explosionsunglück Ende Juli im ChemparkEntsorgungszentrum Bürrig zusammen. Nachzulesen in einem Bericht, den NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser jetzt dem Umweltausschuss des Landtags vorlegte.
Mittlerweile fokussiert sich das Interesse auf die Ableitung von Chemiewasser in den Rhein in dem Zusammenhang. Die Umweltorganisation BUND hat Anfang der Woche Strafanzeige gegen Chemparkbetreiber Currenta und die Bezirksregierung Köln wegen Gewässerverunreinigung gestellt. Beide wollen mit der Staatsanwaltschaft zusammenarbeiten. Ein Sprecher der Bezirksregierung sagt: „Den... Vorwürfen wird vollumfänglich entgegengetreten, sie werden sich als haltlos erweisen.“
Noch ist nicht alles vom Gemisch aus Ab-, Lösch- und Havariewasser entsorgt. „Dieses wurde und wird nach einer mehrfachen Aktivkohlefilterung und in enger Abstimmung mit den verantwortlichen Behörden sicher über die Kläranlage entsorgt“, meldet Currenta. Es geht von dort in den Rhein. In die Kläranlage wurden auch die 5250 Kubikmeter Löschwasser geleitet. „Dort konnte es vermischt mit dem regulären Chemparkabwasser in Stapeltanks separiert zurückgehalten werden“, berichtet das Ministerium. Deswegen sei die Menge des „Ereigniswassers“, so nennt die Behörde das kontaminierte Wasser, „erheblich größer als die des Löschwassers“. Konkret seien es 28.400 Kubikmeter
„Ereigniswasser“. Zudem seien im Kanalnetz zurückgehaltene Flüssigkeiten in Tanks überführt worden: – bis zu 5000 Kubikmeter.
Zischen 28. und 30. Juli seien 9500 Kubikmeter „Ereigniswasser bei gleichzeitiger Zudosierung von Aktivkohle über die Kläranlage in den Rhein eingeleitet“worden. Ohne dieses Vorgehen hätte es wegen schnell schwindender Rückhaltekapazitäten „zu einer unkontrollierten Zuleitung weiterer kontaminierter Wässer in die Kläranlage kommen können“. Folge: Gefährdung der Reinigungsleistung. Für eine alternative Entsorgung hätte es mehr als 500 geeignete Tankwagen gebraucht. In der Kürze nicht zu organisieren.
Die Bezirksregierung habe Probenentnahmen im Ablauf der Kläranlage und beim Wasserwerk Flehe (Düsseldorf) veranlasst. „Besonders auffällig ist die Belastung mit Clothianidin ab dem 28. Juli“, heißt es vom Land. Das Insektizid werde im Chempark nicht produziert. „Es ist davon auszugehen, dass die erhöhte Belastung mit Clothianidin auf das Explosionsereignis zurückzuführen ist. Die Ursache für die Herkunft wird weiter untersucht.“Auch weitere Stoffe seien gefunden worden. Die Proben in Flehe hätten keine erhöhten Belastungen, „die auf das Ereignis zurückzuführen sind“, ergeben.
Mitte August von der Bezirksregierung gestattet: 7000 Kubikmeter; im Oktober genehmigt: bis zu 1500 Kubikmeter Ereignis- und Reinigungswasser. Davon wurden bisher „1120 Kubikmeter eingeleitet. Die Einleitung ist noch nicht abgeschlossen, da das Niederschlags- und Reinigungswasser immer über die Aktivkohle der Kläranlage zugeleitet wird.“Ende Oktober gestattet und bereits eingeleitet: bis zu 15.000 Kubikmeter.
Über ein Tank-Leck sind zwischen August und Dezember 14 Prozent (1300 Kubikmeter) des Tankinhalts ohne Vorbehandlung über die Kläranlage in den Rhein gelangt. Seit 28. Dezember lässt die Bezirksregierung den Ablauf der Kläranlage wieder täglich beproben. Das Ministerium berichtet: „Da es
sich hier nicht um eine Gefahrenabwehrmaßnahme handelt und für die Einleitung aus diesem Tank eine Sondereinleiterlaubnis nicht erteilt worden ist, hat die Bezirksregierung am 30. Dezember eine Strafanzeige gegen Currenta“gestellt.
Um Leckagen besser sichtbar zu machen, hat Currenta laut Ministerium nun einen visuellen Abweichungsalarm bei 0,4 Prozent installiert, „so dass mögliche Füllstandsänderungen deutlich sichtbar gemacht werden“.
Treppenhäuser, Durchgänge, Gerüste sind gereinigt. Weitere Teile werden ausgebaut und gesäubert. Das entstehende Abwasser wird per Aktivkohle gereinigt und geht in die Kläranlage. Anlagenteile, die nicht wiederverwendet werden, müssen entsorgt werden, bisher sind das 260 Tonnen Eisen und Stahl.
Erst müssten die Gutachten und das Ergebnis der staatsanwaltlichen Ermittlungen vorliegen, heißt es im Bericht. Zudem wird überlegt, ein „im Vergleich zur bisherigen Praxis kürzeres Überwachungsintervall“der Anlage“festzusetzen.