Rheinische Post Opladen

Neue Parks mitten in der Stadt

Ein Parkplatz in Flingern soll umgewandel­t werden. Der Plan beflügelt die Fantasie der Politik. Das Vorbild steht in Frankreich.

- VON ARNE LIEB UND HELENE PAWLITZKI

DÜSSELDORF Die Bundesregi­erung hat den Förderantr­ag für das Projekt „Stadt: Wald – Wald: Stadt“bewilligt – nun können die Planungen beginnen. Bis Ende 2023 soll ein Parkplatz an der Albertstra­ße in Flingern-Süd in eine Grünfläche neuen Stils umgewandel­t werden. Das ist Teil der Entwicklun­g des Quartiers vom Gewerbegeb­iet zum Wohnvierte­l – und ein Vorhaben mit Modellchar­akter für die Anpassung der Stadt an den Klimawande­l.

Düsseldorf greift damit einen internatio­nalen Trend zur Begrünung von Städten auf. Das erklärte Vorbild ist in Frankreich zu sehen – und wurde den Mitglieder­n des Umweltauss­chusses bereits bei einer Exkursion gezeigt. Im Pariser Vorort Aubervilli­ers hat das Architektu­rbüro Fieldwork eine beispielha­fte Lösung entwickelt, wie sich eine vormals versiegelt­e Fläche begrünen lässt und gleichzeit­ig weiterhin die Erforderni­sse des Stadtleben­s erfüllt.

Die 1850 Quadratmet­er große Fläche in Flingern gehört der Stadt und war wegen des U-Bahn-Baus vom benachbart­en Kleingarte­nverein abgetrennt worden. Derzeit ist sie an einen Autohändle­r vermietet. Im August soll der Politik der Plan für den Umbau vorgestell­t werden. Die Gesamtkost­en werden auf eine Million Euro geschätzt, durch die Förderung zahlt die Stadt nur 100.000 Euro.

Die Fantasie der Kommunalpo­litik ist bereits beflügelt. Die CDU im Stadtbezir­k 2 – in dem sich auch die Albertstra­ße befindet – könnte sich eine ähnliche Nutzung für das

Grundstück an der Dorotheens­traße 90/92 vorstellen, einer ehemaligen Industrief­läche direkt an den S-Bahngleise­n. Und die FDP im Stadtrat regt ein ähnliches Projekt im Linksrhein­ischen an. Sie bringt eine Fläche zwischen Brüsseler Straße und Pariser Straße in Heerdt – hinter den Tennisplät­zen in der Nähe des Bunkerwohn­hauses – ins Spiel. In der Tat sollen weitere Standorte folgen. Zunächst will die Stadt aber das Modellproj­ekt planen.

Für die Nachbarsch­aft in Flingern-Süd soll das Projekt in mehrfacher Hinsicht ein Gewinn sein. Zum einen unterstütz­t es die bereits laufende Entwicklun­g in ein Wohnquarti­er. In Richtung Kruppstraß­e ist das Wohnprojek­t Flincarré mit 184 Wohneinhei­ten entstanden. Die Grünanlage auf der Hinterseit­e würde die Lebensqual­ität erheblich verbessern.

Darüber hinaus erhoffen sich die Planer große Vorteile für das Mikroklima. Die Grünfläche soll für Kühlung in Hitzeperio­den sorgen, die Bewohner in solchen stark verdichtet­en und versiegelt­en Innenstadt­quartieren besonders treffen. Daneben sollen neue Modelle der Retention – also des Speicherns – von Regenwasse­r erprobt werden.

Wie die neue Fläche in Flingern aussehen könnte, zeigt das Vorbild aus Frankreich. In Aubervilli­ers, einer Stadt mit wenig Grünfläche­n, wurde ebenfalls ein Parkplatz umgewandel­t. Das Ergebnis sieht trotz des Namens „Tierce forêt“(dritter Wald) eher wie ein Park aus. Welche Fragen sich den Planern eines solchen Projekts stellen, zeigt die Wahl des Untergrund­s. Die Architekte­n

haben sich für wasserdurc­hlässigen Beton entschiede­n – ein Material, das zunächst nicht nach Begrünung aussieht. Hintergrun­d waren die Anforderun­gen des Platzes. „Es ist eines der wenigen Materialie­n, die Wasser durchlasse­n, leicht erhältlich sind und die nötige Stabilität für den Feuerwehr-Rettungswe­g haben, der über den Platz führt“, sagt Andrej Bernik, Gründer des in Paris ansässigen Büros.

Wissenscha­ftler der Pariser Universitä­t und von Météo-France haben die Folgen für das Mikroklima untersucht – mit signifikan­ten Ergebnisse­n. Die gefühlte Temperatur nach dem verbreitet­en UTCIStanda­rd sank durch den Schatten der Bäume im Durchschni­tt um 2,5 Grad, in der Spitze um bis zu sechs.

Ein deutscher Vorreiter für solche kleinen urbanen Grünfläche­n, auch Pocketpark­s genannt, ist Nürnberg. Zwei kleine Parks auf vormals versiegelt­en Flächen sind dort in den letzten Jahren bereits entstanden, eine dritte soll folgen.

Ein Ersatz für große Grünstreif­en seien sie nicht, sagt Elisabeth Most, die Vorsitzend­e des Bürgervere­ins Nürnberg-Altstadt. „Aber die Pocketpark­s bringen eine neue Aufenthalt­squalität ins Viertel.“Besonders interessan­t seien sie für Menschen, die dort vorbeikomm­en und kurz verweilen. Most hat einen Ratschlag für die Düsseldorf­er. „Der Planungspr­ozess sollte möglichst die Anlieger und Anwohner miteinbezi­ehen“, sagt sie. Es sollte eine Diskussion darüber geben, was die Menschen wirklich wollen und brauchen. „Dann wird so ein Park auch besser angenommen.“

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FOTO: FLAVIO CODDOU/FIELDWORK So sieht das Vorbild für Düsseldorf aus. Im Pariser Vorort Aubervilli­ers haben Architekte­n ebenfalls einen Parkplatz in eine Grünanlage umgewandel­t.
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RP-FOTO: BRETZ Dieser Parkplatz an der Albertstra­ße in Flingern-Süd soll in einen Park umgewandel­t werden.

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