Rheinische Post Opladen

Es ist aufschluss­reich, welche Jobs in Kinderlied­ern auftauchen – und welche nicht

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Wind und Wetter unter Leute müssen. Und körperlich arbeiten.

Der Deutsche Gewerkscha­ftsbund schreibt: „Schwere körperlich­e Arbeit verrichten überdurchs­chnittlich oft Beschäftig­te im Schichtdie­nst beziehungs­weise in der Zeitarbeit und diejenigen, die nur einen Hauptschul­abschluss haben und zwischen 800 und 2000 Euro brutto verdienen.“So gesehen ist körperlich­e Arbeit meist tatsächlic­h Arbeit zweiter Klasse.

Was erwächst aus diesem Fakt? Jedenfalls kein Plädoyer für einen Umsturz unseres Wirtschaft­ssystems. Preise entwickeln sich schließlic­h am Markt, und Gehälter sind ja nichts anderes als Preise für Arbeitskra­ft. Und dass diese Marktmecha­nismen nach dem Grundsatz „Leistung muss sich lohnen“völlig versagen, ist zum Glück eher die Ausnahme. So groß und wichtig – Pflege! Erziehung! – diese Ausnahmen auch sind. Zur Wahrheit gehört selbstvers­tändlich auch, dass der kindliche Blick auf die Welt begrenzt ist. Corinna Schmude, Psychologi­n und Pädagogik-Professori­n an der Alice

Schutz vor den größten (und teuersten) Lebensrisi­ken. Ohne Politiker und Beamte keine Kommune, kein Kreis, kein Land, keine Bundesrepu­blik, kein Europa – keine Gesellscha­ft, wie wir sie kennen. Das Rechtssyst­em benötigt neben Polizisten zwingend auch Anwälte, Staatsanwä­lte und Richter. Die oft gescholten­en Banker braucht es schon für die Vergabe von Krediten – und für so ziemlich alles in unserem digitalisi­erten Alltag ITFachleut­e.

Kurz gesagt: Selbstvers­tändlich hat praktisch jede denkbare Tätigkeit auch ihre Daseinsber­echtigung. Und auch ihre ganz spezifisch­en Herausford­erungen, Risiken und Stressfakt­oren. Ganz platt gesagt: Fliesenleg­er haben schneller kaputte Knie, Topmanager erleiden häufiger einen Herzinfark­t. Das sollte man nicht gegeneinan­der aufrechnen, bloß im Blick behalten.

Und zumindest im Groben orientiert sich die Bezahlung von Berufen ja durchaus an der Länge und Schwierigk­eit der Ausbildung sowie der zu tragenden Verantwort­ung. Dass Bildung und Wohlstand viel zu stark zusammenhä­ngen – Abitur muss man machen dürfen, einen der 20.000 angebotene­n Studiengän­ge sich leisten können – ist ein ganz anderes, trauriges Thema.

Was also soll dieser Text? Überhaupt nicht viel. Er will kein Aufruf sein zum munteren Vergleich von Äpfeln und Birnen, sondern bloß daran erinnern, dass wir alle aufeinande­r angewiesen sind: Denker und Macher, Innovatore­n und Verwalter, Akademiker und Nicht-Studierte, und so weiter und so weiter. Die intuitive kindliche Perspektiv­e auf den Wert von Arbeit tut gut. Und sei es als Mahnung: Wenn nur noch die arbeiteten, die ihren Job im Homeoffice erledigen können, ginge gar nichts mehr – hierzuland­e und auf der ganzen Welt. Etwas Dankbarkei­t und Demut wären also durchaus angebracht.

Körperlich­e Arbeit ist nicht per se mehr wert als geistige, aber auch nicht weniger. Die Jobs, deren Zweck sich Kindern sofort erschließt, verdienen mehr Wertschätz­ung durch die Gesellscha­ft. Neben den Pflegekräf­ten gilt das besonders für das unsichtbar­e Heer der oft prekär bezahlten Menschen, die produziere­n, verpacken und transporti­eren, was wir alle jeden Tag fürs Leben brauchen.

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