Rheinische Post Opladen

Schatten der Vergangenh­eit

Im Saarland-„Tatort“muss sich Kommissar Adam Schürk ein letztes Mal seinem Vater stellen.

- VON MARLEN KESS „Tatort: Das Herz der Schlange“,

SAARBRÜCKE­N Man schreckt aus dem Schlaf auf, weil man irgendwo ein Klirren hört – und ist sicher: Man ist nicht allein. Es ist ein albtraumha­ftes Szenario, das dieser „Tatort“gleich zu Beginn entwickelt und das den Ton setzt für den ganzen Film. Es ist der erst dritte Fall des jungen Teams aus dem Saarland, das den glücklosen Devid Striesow vor zwei Jahren abgelöst hat. Der hatte sich nach nur acht Fällen neuen Herausford­erungen widmen wollen, ähnlich erging es dem Duo Maximilian Brückner/Gregor Weber, für

nach sieben Fällen Schluss war. Die Besonderhe­it, dass im Saarland nur ein Fall pro Jahr gedreht wird, macht es ungleich schwerer, die Figuren und ihre Entwicklun­g im Gedächtnis zu behalten. Schon in den ersten beiden Fällen wurde das jedoch ziemlich gut gelöst, und das ohne die Spannung aus dem Blick zu verlieren. Hier setzt „Das Herz der Schlange“an.

Die gemeinsame Vergangenh­eit dj er beiden Kommissare und Freunde Adam Schürk (Daniel Sträßer) und Leo Hölzer ( Vladimir Burlakov) spielte stets eine große Rolle. Für alle, die die ersten beiden Fälle verpasst haben: Hölzer macht jetzt auch den beiden Kolleginne­n Pia Heinrich (Ines Marie Westernstr­öer) und Esther Baumann (Brigitte Urhausen) gegenüber endlich reinen Tisch und erklärt alles noch einmal. Kommissar Schürk sitzt da schon im Gefängnis: Er steht unter Verdacht, seinen Vater getötet zu haben.

Und anders als in anderen Filmen dieser Art begibt er sich nicht auf einen Solo-Rachefeldz­ug und wird dabei von den Kollegen gedeckt, sondern wird festgenomm­en, als er sich mit Hölzer am Flussufer trifft. Die Beweise sprechen gegen ihn: Der Vater wurde mit seiner Dienstwaff­e erschossen, DNA-Spuren von ihm finden sich am Tatort. Doch er sagt: Es war alles ganz anders. In immer wieder eingeblend­eten Rückblicke­n wird die wahre Geschichte dieses Abends als bedrückend­es Kammerspie­l erzählt. Auch Hölzer glaubt ihm natürlich – muss das aber beweisen können.

Und das, ohne offiziell ermitteln zu dürfen: Wegen zu großer Nähe zum Hauptverdä­chtigen wird das Team vom Mordfall Schürk abgezogen. Dem widersetze­n sich die Kommissare, haben aber auch noch einen zweiten Fall zu klären: Der eingangs beschriebe­ne Einbruch endet für die wohlhabend­e Cora Reuters tödlich, am Tatort wird auch ein bewusstlos­er Einbrecher gefunden. Der Safe ist offen, mit mehreren Zehntausen­d Euro darin. Handelte der Mann allein oder hatte er einen Komplizen? Was hat es zu bedeuten, dass bei Reuters vor einiger Zeit schon einmal eingebroch­en wurde – und wer ist der Mann, der in einer dunklen Kammer massenweis­e Überwachun­gsvideos aus Privathäus­ern sichtet?

Regisseuri­n Luzie Loose verbindet in ihrem „Tatort“-Debüt die drei Ebenen der Erzählung (Buch: Hendrik Hölzemann) clever und eindringli­ch zu einem großen Ganzen, das über 90 Minuten die Spannung der ersten Szene halten kann. Untermalt wird das von bedrohlich­er, aber niemals effektheis­chender Musik (Martin Tingvall) und klaren Bildern (Kamera: Anna Bolick)f, die in Nahaufnahm­en auch immer wieder das Seelenlebe­n der beiden Kommissare und Freunde thematisie­ren. Zu bemängeln ist vielleicht, dass die Figuren der Ermittleri­nnen dagegen immer noch ziemlich blass bleiben, aber für ihre Entwicklun­g ist ja hoffentlic­h noch Zeit. Dem jungen Saarland-Team ist nach drei wirklich gelungenen Fällen nämlich definitiv ein längerer Atem zu wünschen als seinen Vorgängern.

Das Erste, So, 20.15 Uhr

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FOTO: SR/MANUELA MEYER Kommissar Adam Schürk (Daniel Sträßer, l.) gerät unter Mordverdac­ht, sagt aber, dass alles ganz anders war. Kollege und Freund Leo Hölzer (Vladimir Burlakov) glaubt ihm.

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