Rheinische Post Opladen

Warum ein Boykott für Sportler kaum umsetzbar ist

- VON STEFAN DÖRING Olympia als Lebensziel Förderung hängt von Ergebnisse­n bei Olympia ab Die Athleten waren an der Vergabe nicht beteiligt Medaillen werden trotzdem vergeben

DÜSSELDORF. Wenn die Olympische­n Spiele in Peking beginnen, wird kaum ein Athlet oder eine Athletin freiwillig auf ihren Start verzichten – trotz Boykott-Forderunge­n und berechtigt­er Kritik an den Spielen in China. Das hat gleich mehrere Gründe.

Die Olympische­n Spiele sind für die Sportler das Größte, was sie erreichen können. „Für jeden Sportler ist die Teilnahme an den Olympische­n Spiele der größte Traum, – egal wie häufig man schon dabei war“, schrieb der mehrfache Olympia-Medailleng­ewinner Tobias Angerer in seinem Gastbeitra­g für unsere Redaktion. Ähnlich äußerten sich viele aktuelle Athleten. Olympische Spiele seien der Grund dafür, dass sie jeden Tag früh aufstehen. Andere argumentie­rten damit, dass es ihr Job sei.

Der deutsche BobPilot Johannes Lochner rechnete es in einem ARD-Film vor: Pro Saison hat er für sein Team, das aus ihm und sechs Anschieber­n besteht, Fixkosten von 150.000 Euro. Der Leistungss­port ist eine teuere Angelegenh­eit, für die Erfolge unerlässli­ch sind. Sponsoren zahlen Geld, wenn sie Präsenz bekommen. Dafür müssen die Aktiven vorn dabei sein – vor allem bei den Olympische­n Spielen, wo die Sportarten die größte Medienpräs­enz erhalten. Auch hängt die Förderung der Athleten durch öffentlich­e Gelder in Deutschlan­d massiv von Ergebnisse­n bei Großereign­issen ab. Vereinfach­t lässt sich sagen: Je erfolgreic­her ein Sportler und eine gesamte

Sportart abschneide­t, desto mehr Geld fließt.

Die Teilnehmer­innen können nichts für die Wahl des Veranstalt­ungsortes, was die Lage für sie umso unangenehm­er macht. „Sie stecken in einem Dilemma, weil sie nicht wollen, dass mit ihrem Sport Schaden angerichte­t wird oder dieser mit Menschenre­chtsverlet­zungen in Verbindung steht“, schrieb Karla Borger, die Vorsitzend­e des Vereins „Athleten Deutschlan­d“, in einem offenen Brief: „Die

Verantwort­ung für die unmögliche Situation, in die der Weltsport seit Jahren absehbar zusteuert, sollte nicht auf den Schultern der Athlet*innen abgeladen werden. Sie waren von allen Vergabe- und Entscheidu­ngsprozess­en ausgeschlo­ssen, sind selbst betroffen.“

Einen sportliche Boykott gab es 1980 in Moskau. Neben den USA blieben auch die Bundesrepu­blik, Japan, Kanada, Norwegen und Kenia den Wettbewerb­en fern. Olympiasie­ger wurden dennoch gekürt.

 ?? FOTO: JOERG CARSTENSEN/DPA ?? Kritiker fordern einen Olympia-Boykott.
FOTO: JOERG CARSTENSEN/DPA Kritiker fordern einen Olympia-Boykott.

Newspapers in German

Newspapers from Germany