Warum ein Boykott für Sportler kaum umsetzbar ist
DÜSSELDORF. Wenn die Olympischen Spiele in Peking beginnen, wird kaum ein Athlet oder eine Athletin freiwillig auf ihren Start verzichten – trotz Boykott-Forderungen und berechtigter Kritik an den Spielen in China. Das hat gleich mehrere Gründe.
Die Olympischen Spiele sind für die Sportler das Größte, was sie erreichen können. „Für jeden Sportler ist die Teilnahme an den Olympischen Spiele der größte Traum, – egal wie häufig man schon dabei war“, schrieb der mehrfache Olympia-Medaillengewinner Tobias Angerer in seinem Gastbeitrag für unsere Redaktion. Ähnlich äußerten sich viele aktuelle Athleten. Olympische Spiele seien der Grund dafür, dass sie jeden Tag früh aufstehen. Andere argumentierten damit, dass es ihr Job sei.
Der deutsche BobPilot Johannes Lochner rechnete es in einem ARD-Film vor: Pro Saison hat er für sein Team, das aus ihm und sechs Anschiebern besteht, Fixkosten von 150.000 Euro. Der Leistungssport ist eine teuere Angelegenheit, für die Erfolge unerlässlich sind. Sponsoren zahlen Geld, wenn sie Präsenz bekommen. Dafür müssen die Aktiven vorn dabei sein – vor allem bei den Olympischen Spielen, wo die Sportarten die größte Medienpräsenz erhalten. Auch hängt die Förderung der Athleten durch öffentliche Gelder in Deutschland massiv von Ergebnissen bei Großereignissen ab. Vereinfacht lässt sich sagen: Je erfolgreicher ein Sportler und eine gesamte
Sportart abschneidet, desto mehr Geld fließt.
Die Teilnehmerinnen können nichts für die Wahl des Veranstaltungsortes, was die Lage für sie umso unangenehmer macht. „Sie stecken in einem Dilemma, weil sie nicht wollen, dass mit ihrem Sport Schaden angerichtet wird oder dieser mit Menschenrechtsverletzungen in Verbindung steht“, schrieb Karla Borger, die Vorsitzende des Vereins „Athleten Deutschland“, in einem offenen Brief: „Die
Verantwortung für die unmögliche Situation, in die der Weltsport seit Jahren absehbar zusteuert, sollte nicht auf den Schultern der Athlet*innen abgeladen werden. Sie waren von allen Vergabe- und Entscheidungsprozessen ausgeschlossen, sind selbst betroffen.“
Einen sportliche Boykott gab es 1980 in Moskau. Neben den USA blieben auch die Bundesrepublik, Japan, Kanada, Norwegen und Kenia den Wettbewerben fern. Olympiasieger wurden dennoch gekürt.