Rheinische Post Opladen

Freudiges Klagen

Die Bundesliga-Vereine ziehen vor Gericht und hoffen auf mehr Zuschauer. Sachsen erhöht bereits jetzt die Grenze.

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DÜSSELDORF (dpa) Als Fredi Bobic am Samstag zufällig beim DrittligaT­opspiel zwischen dem 1. FC Magdeburg und dem 1. FC Saarbrücke­n reinzappte, hielt der Geschäftsf­ührer von Hertha BSC das für eine Partie aus der Konserve. „Ich habe durchgezap­pt, und plötzlich sehe ich ein Spiel und denke: Ist das eine Aufzeichnu­ng? Wo kommen denn die Zuschauer her“, erzählte Bobic am Dienstag: „Ich hatte gar nicht auf dem Schirm, dass derzeit irgendwo 15.000 Zuschauer sein dürfen.“

Diese uneinheitl­ichen CoronaRege­ln sind es, die derzeit für einen Aufstand einiger Vereine gegen deren Landesregi­erungen sorgen. „Wenn jedes Bundesland so sein eigenes Ding macht, ist es Wahnsinn“, sagt Bobic, dessen Klub noch nicht einmal klagt. Dafür sind aber bereits vier andere Vereine vorgepresc­ht.

Wobei sich der Einspruch von RB Leipzig gegen eine seit Dienstag überholte Corona-Verordnung richtet – im neu verabschie­deten und ab 6. Februar gültigen Beschluss dürfen wieder mehr Fans ins Stadion. RB kann beim nächsten Spiel am 11. Februar gegen den 1. FC Köln die Arena nun zu 25 Prozent auslasten. Das wären rund 11.000 statt wie bisher nur 1000 Zuschauer. Ob die Leipziger einen Antrag auch gegen die 25-Prozent-Regel einreichen, blieb zunächst offen.

In Nordrhein-Westfalen wollen alle drei Bundesligi­sten, die am Wochenende ein Heimspiel haben, die NRW-Verordnung im Eilverfahr­en beim Oberlandes­gericht Münster prüfen lassen. Sie wollen schon in den Spielen am Samstag (Köln, Bielefeld) und Sonntag (Dortmund) mehr als die bisher zugelassen­en 750 Zuschauer ins Stadion lassen dürfen. Ob sie bis dahin eine Entscheidu­ng

erzwingen können, ist offen. Am Dienstagna­chmittag war nur der Antrag des FC eingegange­n, die anderen beiden, für Dienstag angekündig­ten, noch nicht.

Das Gericht wies darauf hin, dass es nicht über Zuschauerz­ahlen entscheide­n kann. Seine Frage ist ausschließ­lich, ob die Corona-Schutzvero­rdnung des Landes bei der Frage der Großverans­taltungen insgesamt bestätigt oder außer Vollzug gesetzt wird. Wann das OVG in dieser Frage entscheide­t, ist derzeit offen. Zuerst erhält das Land bis Mittwoch (0 Uhr) die Möglichkei­t einer Stellungna­hme. Die seit dem 13. Januar gültige Verordnung läuft kurz nach dem 21. Spieltag am 9. Februar ab.

Zudem steht in NRW eine Aussage von Ministerpr­äsident Hendrik Wüst, der Ende November nach dem mit 50.000 Zuschauern ausverkauf­ten Derby zwischen Köln und Borussia Mönchengla­dbach klargestel­lt hatte: „Solche Bilder wie in Köln darf es nicht wieder geben. Solche Bilder wollen wir nicht sehen und werden wir nicht mehr sehen.“

Der FC verwies durch Trainer Steffen Baumgart darauf, „dass wir nach dem Derby gegen Gladbach nicht einen bestätigte­n Corona-Fall hatten“. Der BVB berichtete von Auswertung­en, wonach ein Großteil der Zuschauer bei einem Heimspiel mit einer Auslastung von 18 Prozent (15.000 Karten) aus Vorsichtsg­ründen mit dem eigenen PKW, per Fahrrad oder zu Fuß zum Stadion kam. Dies decke sich mit Erkenntnis­sen der Dortmunder Verkehrsbe­triebe DSW21.

Die Arminia verwies auf die Lage des Stadions mitten in der Stadt. Dadurch gebe es eine besonders hohe Anzahl an Besuchern, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad zum Spiel gelangen. Zudem seien in der bisherigen Saison „keine Infektione­n durch den Stadionbes­uch nachgewies­en oder eine Kontaktnac­hverfolgun­g durch die Gesundheit­sbehörden angefragt“worden.

CDU-Chef Friedrich Merz sprach sich im TV-Sender Welt für eine schrittwei­se Lockerung der Beschränku­ngen aus. „Ich finde, wir haben durchaus Grund und Anlass zu sagen: „Wir können jetzt mal Lockerunge­n in Aussicht stellen““, sagte er: „Wir steigern das langsam. Die Perspektiv­e müsste man den Menschen geben.“In jedem Fall möchte er „nur Regeln sehen, die für alle gleich sind, mit gleichen Maßstäben. Und nicht mit abstrakten Zahlen.“

In Bayern sind nach einem Kabinettsb­eschluss bei Profispiel­en wieder Zuschauer erlaubt. Die Obergrenze liegt bei 10.000 Besuchern, die Auslastung der Arenen darf höchstens 25 Prozent betra- gen. „In Nordrhein-Westfalen haben wir leider bisher vergeblich auf solche Kompromiss­e hingearbei­tet“, betonten Vorstand und Geschäftsf­ührung des FC. Deshalb erfolgte die Klage als „ultima ratio“, wie es BVBBoss Hans-Joachim Watzke sagte.

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FOTO: MARIUS BECKER/DPA Könnte schon bald der Vergangenh­eit angehören: Leere Stadien prägten die vergangene­n Wochen. Die Vereine wehren sich dagegen.

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