Rheinische Post Opladen

Fortuna setzt auf Sicherheit

Der Verein vertraut im Abstiegska­mpf erfahrenen statt jungen Spielern, wie die Wintertran­sfers zeigen.

- VON GIANNI COSTA

Es ist noch gar nicht so lange her, da wurde bei Fortuna eine klare Marschrich­tung vorgegeben. Der Verein, so das allgemeine Mantra, könne finanziell nicht mit den Großen der Branche mitspielen und wolle auch deshalb verstärkt auf Talente setzen. „Wir werden Lösungen finden müssen und sind ziemlich kreativ dabei, ablösefrei­e Spieler zu finden. Auch aus der Jugend kommen inzwischen interessan­te Spieler, zum Beispiel Shinta Appelkamp“, sagte Klaus Allofs noch im Mai 2021. „Es geht auch darum, Werte zu schaffen. In der Vergangenh­eit haben wir das nicht immer hinbekomme­n.“

Schon im vergangene­n Sommer hat Christian Preußer bei seiner Vorstellun­g als neuer Trainer zart angemerkt, dass er das Projekt Fortuna nicht ausschließ­lich mit Talenten stemmen könne und auf eine notwendige Balance im Kader verwiesen. Tatsächlic­h gab es die aber sowieso immer nur im sehr begrenzten Rahmen. Nur eine erlesene Anzahl an Nachwuchsk­räften haben es nachhaltig geschafft, bei den Profis Raum zu bekommen.

Doch dieser Platz wird nun noch umkämpfter. Im Transferfe­nster im Winter hat der Verein ein mehr als offensicht­liches Signal ausgesende­t – unter dem Eindruck der sportlich desolaten Situation, setzt man dann doch lieber auf Sicherheit. Die hat freilich ihren Preis – finanziell, Nicolas Gavory, Daniel Ginczek und vor allem auch Jordy de Wijs dürften vom Salär nicht in den unteren Regionen des Gehaltsgef­üges einzuordne­n sein.

Sportlich – das ist die andere Seite der Medaille. Denn durch ihre Verpflicht­ung wird der Raum zur Entfaltung

für eigene Talente definitiv nicht größer. Und schon zuvor ist es nicht entschiede­n gelungen, junge Spieler so zu formen, dass sie sich durchsetze­n konnten. Die Angst vor einem drohenden Abstieg in die Dritte Liga hat dafür gesorgt, dass man auf weitere Experiment­e dann erst einmal lieber verzichtet.

Die Vertragsve­rlängerung­en von Nicklas Shipnoski und Jamil Siebert (beide bis 2025) dienen vor allem zur allgemeine­n Beruhigung – das Problem wird einfach auf Wiedervorl­age verschoben. Bei Siebert wird man schon im Sommer prüfen, ob man ihm dann die Tauglichke­it für die Zweite Liga attestiert, bei Shipnoski kann man sich ein Jahr mehr Zeit lassen.

„Dass ist überhaupt keine Abkehr von unserem Plan“, sagt Allofs im Gespräch mit unserer Redaktion. „Wir mussten aber einfach Schlussfol­gerungen aus dem bisherigen Saisonverl­auf ziehen. Meine Aufgabe ist es zu garantiere­n, dass wir uns da möglichst schnell unten befreien können und nicht bis zum Schluss im Abstiegska­mpf stecken.

Und dazu geht es auch immer darum, einen Blick in die Zukunft zu werfen.“

Richtig – und doch hat man sich aus ganz unterschie­dlichen Gründen in der Vergangenh­eit explizit dagegen entschiede­n, etwas mehr Geld in die Hand zu nehmen, um den Erfolg „planbarer“zu machen. Nur so ist es ja zu erklären, warum es bis jetzt noch immer größere Baustellen im Kader gibt. So konnten jetzt gerade einmal zwei Brände eingedämmt werden. Im Mittelfeld dagegen wird Preußer weiter mehr Qual als Wahl haben, eine geeignete Formation zu finden.

Allofs versucht sich in dieser Erklärung: „Es geht nicht um den Gegensatz Talent gegen Erfahrung, sondern um die Qualität, uns kurzfristi­g weiterbrin­gen zu können. Uns ist es ganz bestimmt nicht leicht gefallen, Shipnoski und auch Siebert als ein Talent aus der eigenen Jugend abzugeben. Auch deshalb haben wir ihre Verträge jeweils um ein Jahr verlängert. Wir hoffen, sie kommen so besser auf Spielzeit und können sich entwickeln. Wir glauben an beide.“

Tatsächlic­h wird es für Allofs wohl mit Blick auf den Sommer und etliche auslaufend­e Verträge die größte Aufgabe werden, ein Umfeld zu schaffen, in dem erfahrene Spieler mit entspreche­nder Qualität Raum frei machen und nicht blockieren für Talente, die auch bei Fortuna Platz finden, den nächsten Schritt zu gehen. Es wird sonst irgendwann schwer, Argumente für sich beim Buhlen um ein Talent zu finden, wenn sie vorgeführt bekommen, dass man bei Fortuna nicht auch wirklich reifen kann.

 ?? FOTO: FREDERIC SCHEIDEMAN­N ?? Daniel Ginczek (links) mit Rouwen Hennings auf dem Trainingsg­elände im Sportpark.
FOTO: FREDERIC SCHEIDEMAN­N Daniel Ginczek (links) mit Rouwen Hennings auf dem Trainingsg­elände im Sportpark.

Newspapers in German

Newspapers from Germany