Die Bedeutung von Mariupol
Grosny war ein Drama, Aleppo war eine Tragödie, und auch Mariupol ist inzwischen eine Stadt der Finsternis. Bilder totaler Zerstörung. Die Hafenstadt am Asowschen Meer ist von der Versorgung abgeschnitten. Kreml-Herrscher Wladimir Putin treibt seinen Feldzug gegen die Ukraine – bei hohen eigenen Verlusten – unerbittlich voran. Es droht ein Zermürbungskrieg, der sehr lange dauern könnte. Gut möglich, dass Putin die Zeit wegrennt, wenn die Sanktionen gegen sein Regime erst richtig wirken.
In dieser Lage würde der Kriegstreiber gerne eine Botschaft mit Symbolkraft präsentieren: die Nachricht einer Kapitulation von Mariupol. Aber so ist es nicht. Putin bräuchte dringend eine Erfolgsmeldung. Je länger sein Krieg dauert, umso schwieriger wird es für ihn, Land und Truppe mit Durchhalteparolen bei Laune zu halten. Die ukrainische Regierung und ihre Streitkräfte werden Mariupol nicht preisgeben, weil dies mitentscheidend sein könnte für die Kampfmoral der Truppe im Rest des Landes. Mariupol ist ein Symbol für den Irrsinn dieses Krieges. Sollte die Hafenstadt am Ende tatsächlich Russland zufallen, hätte Putin einen Trümmerhaufen erobert. Aber das dürfte ihm egal sein, denn der Krieg ist längst in einer Phase angelangt, wo es auch für Putin ums Überleben geht. Ohne Gesichtsverlust kann er kaum mehr zurück.
Das ausgebombte Mariupol steht beispielhaft für Putins Kriegsverbrechen. Angriffe auf Zivilisten und Wohnblöcke, auf ein Theater, in dem Menschen Schutz gesucht haben, auf Krankenhäuser, Kindergärten. Putins Vertreibungsterror muss Folgen haben. Maximale Härte aller Sanktionen gegen den maximalen Terror seines Krieges. Nach dem Ausschluss aus G8 wäre auch ein Ausschluss Russlands aus G20 nur konsequent.