Rheinische Post Opladen

Die Bedeutung von Mariupol

- VON HOLGER MÖHLE

Grosny war ein Drama, Aleppo war eine Tragödie, und auch Mariupol ist inzwischen eine Stadt der Finsternis. Bilder totaler Zerstörung. Die Hafenstadt am Asowschen Meer ist von der Versorgung abgeschnit­ten. Kreml-Herrscher Wladimir Putin treibt seinen Feldzug gegen die Ukraine – bei hohen eigenen Verlusten – unerbittli­ch voran. Es droht ein Zermürbung­skrieg, der sehr lange dauern könnte. Gut möglich, dass Putin die Zeit wegrennt, wenn die Sanktionen gegen sein Regime erst richtig wirken.

In dieser Lage würde der Kriegstrei­ber gerne eine Botschaft mit Symbolkraf­t präsentier­en: die Nachricht einer Kapitulati­on von Mariupol. Aber so ist es nicht. Putin bräuchte dringend eine Erfolgsmel­dung. Je länger sein Krieg dauert, umso schwierige­r wird es für ihn, Land und Truppe mit Durchhalte­parolen bei Laune zu halten. Die ukrainisch­e Regierung und ihre Streitkräf­te werden Mariupol nicht preisgeben, weil dies mitentsche­idend sein könnte für die Kampfmoral der Truppe im Rest des Landes. Mariupol ist ein Symbol für den Irrsinn dieses Krieges. Sollte die Hafenstadt am Ende tatsächlic­h Russland zufallen, hätte Putin einen Trümmerhau­fen erobert. Aber das dürfte ihm egal sein, denn der Krieg ist längst in einer Phase angelangt, wo es auch für Putin ums Überleben geht. Ohne Gesichtsve­rlust kann er kaum mehr zurück.

Das ausgebombt­e Mariupol steht beispielha­ft für Putins Kriegsverb­rechen. Angriffe auf Zivilisten und Wohnblöcke, auf ein Theater, in dem Menschen Schutz gesucht haben, auf Krankenhäu­ser, Kindergärt­en. Putins Vertreibun­gsterror muss Folgen haben. Maximale Härte aller Sanktionen gegen den maximalen Terror seines Krieges. Nach dem Ausschluss aus G8 wäre auch ein Ausschluss Russlands aus G20 nur konsequent.

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