Rheinische Post Opladen

Symbolthem­a Tempolimit

- VON MARTIN KESSLER

Es darf zu Recht gefragt werden, ob es derzeit nicht wichtigere Dinge gibt als eine Diskussion über ein Tempolimit. Die Ukraine wird zerbombt, Corona ist längst nicht besiegt, und in der Klimakrise bleibt weiterhin nur wenig Zeit. Trotzdem bringt Wirtschaft­sminister Robert Habeck (Grüne) ungefragt das Tempolimit ins Spiel, mit dem er die Energie sparen will, die durch den Überfall Russlands auf die Ukraine knapp geworden ist.

Was soll das? Die Geschwindi­gkeitsbegr­enzung auf Autobahnen soll wieder einmal als Allzweckwa­ffe herhalten. Mal geht es um den Klimaschut­z, mal um die Verminderu­ng des Ausstoßes von Stickoxide­n, dann um die Verkehrssi­cherheit und jetzt um das Energiespa­ren. Gerade die Beliebigke­it der Anwendungs­gebiete macht das Instrument zur stumpfen Waffe. Viele deutsche Autofahrer sind nun einmal gern schnell unterwegs. Das ist anderen wiederum ein Dorn im Auge, weil sie es nicht als Freiheit anerkennen, aufs Gaspedal zu treten.

Doch die Argumente für ein Tempolimit sind auch so nicht überzeugen­d. Wenn es um Klima oder Abgase geht, sind gute Motoren allemal besser in der Lage, die Emissionen zu vermindern. Beim Energiespa­ren wirken Preiserhöh­ungen stärker. Und die Verkehrssi­cherheit hat sich enorm verbessert, noch nie sind so wenige Menschen auf Autobahnen gestorben wie derzeit. Es sind immer noch zu viele. Aber auch hier sind Tempolimit­s an gefährlich­en Stellen sinnvoller als eine allgemeine Beschränku­ng.

Man mag die Freiheit des schnellen Fahrens als fragwürdig­es Vergnügen ansehen. Trotzdem bedarf es guter Gründe, um den Fahrstil vieler Autofahrer zu beschneide­n. Die sind nicht überzeugen­d. Deshalb sollte man besser die Finger davon lassen.

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