Rheinische Post Opladen

Finnlands Präsident nennt Alternativ­en zur Nato

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HELSINKI/WARSCHAU Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine wird in Schweden und Finnland verstärkt über einen Beitritt zur Nato diskutiert. Der finnische Präsident Sauli Niinistö hat die Debatte jetzt um eine Wendung bereichert: Eine Alternativ­e zur Nato-Mitgliedsc­haft seines Landes sieht Niinistö in einer „vertieften militärisc­hen Partnersch­aft mit den USA und Schweden“. Das sagte er in einem Interview mit der „Financial Times“. In Finnland, das seit seiner Gründung 1917 auf Neutralitä­t setzte, haben sich angesichts des Krieges 62 Prozent der Bevölkerun­g für eine Mitgliedsc­haft in der Nato ausgesproc­hen.

Die finnische Regierung unter der Sozialdemo­kratin Sanna Marin erarbeitet derzeit eine Sicherheit­sanalyse, die dann zusammen mit der Beitrittsf­rage im Parlament besprochen werden soll. Danach soll eine Abstimmung über den Beitritt erfolgen. Dass nun ausgerechn­et der 73-jährige Niinistö Alternativ­en zur Nato aufzeigt, ist durchaus überrasche­nd. Denn er ist seit Langem ein Anwalt eines Beitritts. Und während die Frage die meisten Parteien spaltet, ist seine Partei, die konservati­ve Nationale Sammlung, die einzige, die geschlosse­n dafür ist.

Ein Datum für einen Nato-Beitritt Finnlands, sollte das Land wirklich einen Antrag stellen, gibt es nicht.

Das hatte zuletzt auch der Generalsek­retär des Bündnisses, der Norweger Jens Stoltenber­g, betont. Nach Aussagen finnischer Sicherheit­sexperten könnte das Ganze allerdings eine Frage von Monaten sein.

Eine finnisch-amerikanis­che Partnersch­aft hatte das Staatsober­haupt bereits Anfang März mit seinem Amtskolleg­en Joe Biden in Washington besprochen. Der Konservati­ve gilt derzeit als gefragter Gesprächsp­artner, da er einen relativ guten Zugang zum russischen Staatschef Wladimir Putin haben soll. Ihm bescheinig­t er zunehmende Verbitteru­ng und Entschloss­enheit.

Gleichzeit­ig läuft auch ein intensiver Austausch zwischen Helsinki und Stockholm. Beide Länder sind seit der Annexion der Krim durch Russland 2014 näher an die Nato herangerüc­kt; es gab gemeinsame Manöver im Ostseeraum. Auch schlossen Schweden und Finnland 2020 ein Abkommen, das gegenseiti­ge militärisc­he Unterstütz­ung regelt, sollte ein Land angegriffe­n werden.

Zugleich hat Finnland eine lange Tradition des Dialogs mit dem östlichen Nachbarn. Und es scheint nun ein Stück zu dieser Tradition zurückzuke­hren – in Gestalt von Niinistö: Er war am Montag bei Emmanuel Macron in Paris zu Gast, in der vergangene­n Woche traf er Boris Johnson in London. Mit Putin sprach er am 11. März eine Stunde; ein weiteres Gespräch ist geplant.

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