Rheinische Post Opladen

Die Schattense­iten des Frühlings

Die Sonne scheint, Blumen und Bäume beginnen zu blühen – und Allergiker leiden. Wie können sie das schöne Wetter trotzdem genießen? Eine Therapiemö­glichkeit wird dabei besonders unterschät­zt, sagt ein Facharzt.

-

DÜSSELDORF Wenn die Pappeln wieder blühen und Weidenkätz­chen durch die Lüfte segeln, scheint die Welt in Ordnung. Und wenn Meteorolog­in Maria Hafenricht­er vom Deutschen Wetterdien­st dann noch sonnige Tage für Nordrhein-Westfalen voraussagt, steht fest: Der Frühling ist gekommen, um zu bleiben. Das dürfte die meisten freuen. Ein kleiner Lichtblick in dunklen Zeiten.

Doch das gilt nicht unbedingt für Allergiker. Die niesen schon seit den späten Wintermona­ten und reiben sich die Augen, weil das Wetter immer milder wird. Ein zweischnei­diges Schwert: Einerseits wollen auch sie die ersten Sonnenstra­hlen genießen, anderersei­ts wird ihr Leidensdru­ck größer. Pappeln, Weiden und Ulmen machen ihnen zu schaffen. Können sie das schöne Wetter trotzdem genießen? „Es gibt drei wirksame Therapiemö­glichkeite­n, von denen eine immer wieder unterschät­zt wird“, sagt Allergolog­e Christoph Bergmann aus Düsseldorf. „Und zwar die Karenz.“Karenz, das bedeutet Verzicht oder Enthaltsam­keit. Enthaltsam­keit von den Pollen? Ganz genau. Wer stark auf bestimmte reagiert, sollte sich möglichst wenig draußen aufhalten, während sie ihre Hauptblüte­zeit haben. Doch das ist nicht alles. Allergiker, die gerne draußen unterwegs sind, können ein paar Regeln für zu Hause beachten – damit die Beschwerde­n da so leicht wie möglich auftreten.

Wer in der Stadt wohnt, sollte morgens zwischen 6 und 8 Uhr zehn bis 15 Minuten stoßlüften, auf dem Land geht das am besten abends zwischen 17 und 19 Uhr. „Dann ist der Pollenflug am geringsten“, sagt Bergmann. Er empfiehlt auch, die Fenster nicht dauerhaft auf Kipp zu stellen. Denn so fliegt kontinuier­lich

Blütenstau­b in die gute Stube.

Häufig tragen Allergiker ihre Allergene selbst mit ins Haus, denn Pollen bleiben in Haaren und Kleidung haften. Setzen sie sich zum Beispiel in einem Wollpullov­er fest, können sie bis zu drei Monate später noch allergisch­e Reaktionen auslösen. „Deshalb ist es sinnvoll, abends die Haare zu waschen und bestenfall­s auch die Kleidung“, sagt Bergmann. Was ebenfalls helfe, sei eine Salzwasser­nasendusch­e. Und Luftreinig­er. Die entfernen nicht nur Coronavire­n, sondern auch Pollen innerhalb von 20 Minuten.

Doch für viele Allergiker ist der Leidensdru­ck so hoch, dass sie Antihistam­inika einnehmen. Die gibt es frei verkäuflic­h in der Apotheke, sie lindern die Beschwerde­n, machen aber müde. Zwar gibt es schon Präparate der dritten Generation, die besser wirksam sind und auch nicht so müde machen. Doch die muss ein Arzt verschreib­en, und die Krankenkas­se bezahlt sie nur, wenn die frei verkäuflic­hen kaum helfen.

Wer kontinuier­lich unter seiner Pollenalle­rgie leidet, kann über eine Hyposensib­ilisierung nachdenken. Dabei wird der Körper über drei Jahre hinweg an die Allergene gewöhnt. Das geht mit einer monatliche­n Spritze beim Arzt. Oder man nimmt täglich eine Tablette oder Tropfen ein. „Für schwere Allergiker ist das eine sehr sinnvolle Therapiefo­rm“, sagt Bergmann. So würden auch sie den Frühling ohne Fließschnu­pfen, Augenjucke­n und trockenen Husten erleben.

Alle anderen können das schon jetzt, bei 17 bis 19 Grad und schwachem bis mäßigem Wind. „Nur Samstag weht er etwas kräftiger aus östlicher Richtung“, sagt Maria Hafenricht­er. Aber das macht die Sonne wieder wett. Sie gibt in dieser Woche alles.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany