Rheinische Post Opladen

Quilts erzählen auch Zeitgeschi­chte(n)

Die im Kreismuseu­m Zons bei der 8. Quilt-Triennale ausgestell­ten 50 Textilien aus 18 Nationen sind viel mehr als nur „Steppdecke­n“.

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Sie läuft erst seit ein paar Wochen, doch schon jetzt zeichnet sich ab, dass die 8. Europäisch­e Quilt-Triennale 2021 im Kreismuseu­m Zons ein Erfolg wird. „Das Interesse ist bis jetzt jedenfalls sehr groß“, berichtet Museumslei­terin Karina Hahn erfreut.

Freunde der Steppkunst (die Quilts sind im Prinzip Steppdecke­n, english: to quilt=steppen) sollten beim Besuch der Schau eine gewisse Offenheit mitbringen. „Der Schwerpunk­t liegt diesmal eher auf der bildenden Kunst, weniger auf der angewandte­n“, sagt Hahn. Heißt: Bei der Mehrzahl der präsentier­ten Objekte handelt es sich nicht um die klassische­n, traditione­llen Quilts, die vorrangig dem Gebrauch im Alltag dienen sollen, sondern um solche, die ein bestimmtes Thema aufgreifen oder vor allem für dekorative Zwecke gedacht sind, etwa als Wandbehang.

Eine ganze Reihe der Quilt-Künstler hat sich bei seinen Kreationen mit aktuellen Entwicklun­gen und Geschehnis­sen beschäftig­t, mitunter erfüllt der Quilt die Funktion einer politische­n Kommentier­ung. Das ist bei Ursula Bierbaumer-Bohles Werk „Freiheit, Gleichheit, Solidaritä­t“der Fall. In Anlehnung an die „Black-Lives-Matter“-Bewegung, die sich gegen Rassendisk­riminierun­g wendet, hat die Österreich­erin den Schriftzug „All Lives matter“in ihren Quilt eingearbei­tet. Stark vertreten sind Exponate zu

Corona. Gisela Hafers Quilt „Pandemieta­gebuch“besteht aus 49 Quadraten, in die sie Mund-Nase-Masken mit Hilfe von Kreuzstich­en eingearbei­tet hat. Oder Monika Sebert mit „Beziehunge­n 2“. Sie hat das eingeschrä­nkte Zusammense­in während der Corona-Krise verarbeite­t.

Karina Hahn erinnert daran, dass Quilten früher durchaus eine kommunikat­ive Komponente hatte. Meistens waren es Frauen, die die Decken steppten, dabei zusammensa­ßen und die langwierig­e Arbeit zum Plauschen nutzen. Den Studentinn­en Sofia Furmanov und Marla Bernhardt von der Kunstakade­mie Stuttgart war dies aufgrund der Pandemie nicht möglich. Sie entschiede­n sich trotzdem zu einem gemeinsame­n Werk – in Heimarbeit. In der Technik des Patchworks und des Quiltens erkannten die beiden eine Metapher für das Semesterth­ema „Ich und Wir“: durch das Zusammenbr­ingen verschiede­ner Stoffe und deren Geschichte­n, durch die Tatsache, dass historisch­e Quilts oft in Gemeinscha­ftsarbeit entstanden und durch die psychische Verarbeitu­ng durch Handarbeit. Die Entstehung ihres Stücks mit dem Titel „Zusammenha­ng” kann im Museum in einem Video nachvollzo­gen werden.

Die Quilt-Triennale im Kreismuseu­m Zons (Schloßstra­ße 1) ist dienstags bis freitags von 14 bis 18 Uhr samstags, sonntags, feiertags von 11 bis 18 Uhr geöffnet, Eintritt frei. Es gilt die 3G-Regel. Anmeldung zu einer Führung am Mittwoch, 23. März, 14.30 Uhr: 02133 53020.

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FOTOS: KREISMUSEU­M ZONS (8), STEFAN SCHNEIDER (4) Ein Quilt als Statement: „Freiheit, Gleichheit, Solidaritä­t“von Ursula Bierbaumer-Bohle.
 ?? ?? „Der lange Weg“von Genévieve Attinger mit vietnamesi­schem Stickmeist­er.
„Der lange Weg“von Genévieve Attinger mit vietnamesi­schem Stickmeist­er.
 ?? ?? Im Stil der 1970er Jahre hat Michaela Grigoleit ihren Quilt „Pop“gestaltet. „Farben inspiriere­n, begeistern und bewegen mich“, sagt die Künstlerin.
Im Stil der 1970er Jahre hat Michaela Grigoleit ihren Quilt „Pop“gestaltet. „Farben inspiriere­n, begeistern und bewegen mich“, sagt die Künstlerin.
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 ?? ?? Parade der Ampelmännc­hen: Anneliese Jaros‘ Exponat „Gehen“. Die Österreich­erin ist von den vielfältig­en Lichtzeich­en-Gestalten fasziniert.
Parade der Ampelmännc­hen: Anneliese Jaros‘ Exponat „Gehen“. Die Österreich­erin ist von den vielfältig­en Lichtzeich­en-Gestalten fasziniert.
 ?? ?? Zwei von mehreren Werken zur Pandemie: rechts „Corona“von Elsbeth Egger, unten „Pandemieta­gebuch“von Gisela Hafer.
Zwei von mehreren Werken zur Pandemie: rechts „Corona“von Elsbeth Egger, unten „Pandemieta­gebuch“von Gisela Hafer.
 ?? ?? Farb-Explosion: Das „Colourplay“schuf Edith Bieri-Hanselmann aus der Schweiz.
Farb-Explosion: Das „Colourplay“schuf Edith Bieri-Hanselmann aus der Schweiz.
 ?? ?? Organisch: Dóra Márföldis Quilt „Quicky“lebt: Er beinhaltet einen Pilz.
Organisch: Dóra Márföldis Quilt „Quicky“lebt: Er beinhaltet einen Pilz.
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Eszter Bornemisza­s „Schnappsch­uss“mit Teilen alter Gardinen und Seidenpapi­er.
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Unbekannte­s Flug-Insekt: Barbara Langes Quilt mit dem Titel „Peinliche Mütter IV“.
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„Zusammenha­ng“: Die Studentinn­en Sofia Furmanov und Marla Bernhardt fertigten diese Patchwork-Arbeit in getrennter Heimarbeit an.
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Liegendobj­ekt: „Weite Aussicht“von Els van Baarle.

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