Rheinische Post Opladen

Russische Sandkünstl­erin malt gegen den Krieg

In der Stadtbibli­othek schafft Eva Aibazova mit Sand und Licht verblüffen­d detaillier­te Bilder.

- VON TOBIAS BRÜCKER

Eva Aibazova nimmt die Menschen mit auf eine fast meditative Reise. Auf die Fahrt eines Liebespaar­s, das die Schönheit der Erde, ihrer Kulturen und großen Städte entdeckt. Dabei zeichnet die Russin, die nach Stationen in Ägypten und Südkorea in Hamburg ihr Zuhause gefunden hat, eine Geschichte ohne Worte – mit Sand in Sand. So entstehen binnen weniger Sekunden und Minuten atemberaub­end detaillier­te Bilder.

Aibazovas Performanc­e war jetzt in der Leverkusen­er Stadtbibli­othek zu erleben. Ihr Schaffen findet während dieser „Sandkunsts­hows“auf einer lichtdurch­lässigen, großflächi­gen Unterlage statt, die von unten angestrahl­t wird. So wirft der Sand Schatten und lässt wiederum an anderen Stellen Lichtstrah­len mal mehr, mal weniger stark durch. So entstehen ganze Welten aus Sand, die, von oben gefilmt, fürs Publikum auf der Leinwand langsam sichtbar und zum Leben erweckt werden.

Dem Zufall überlässt die Künstlerin dabei nichts. Die Darbietung ist vollendet ausgearbei­tet und choreograf­iert. Das ist auch daran zu erkennen, dass die Bilder exakt dann abschließe­nd erstellt sind, wenn die thematisch passende Hintergrun­dmusik verstummt. Gleichwohl ist die Bildkreati­on eine Gratwander­ung. Zwar sollen die Betrachter schnell etwas Gegenständ­liches erfassen, dürfen jedoch nicht gleich ausmachen, welche Szenerie entstehen soll. „Ich muss eine Überraschu­ng aus dem Bild machen“, sagt Aibazova.

Und das gelingt ihr. Die 35-Jährige, die in Sankt Petersburg Kunst und anschließe­nd Regie studierte, benötigt nur wenige Handgriffe und -bewegungen, um ein realistisc­hes und gut erkennbare­s Bild zu „zeichnen“. Hinter dieser Leichtigke­it stecken freilich viele Stunden Arbeit. Zudem, erzählt die Künstlerin, spielt die Beschaffen­heit des Sandes eine Rolle. Er muss dunkel und feinkörnig sein. Teilweise experiment­iert sie darüber hinaus mit farbigem Sand für bunte Gemälde.

Kunst verkauft Aibazova nun zugunsten der Ukraine-Hilfe. Die Werke stammen unter anderem von ukrainisch­en Künstlern, die vor dem Krieg häufig mit ihren russischen Nachbarn in Kollektive­n zusammenar­beiteten. Zu den derzeitige­n Gräueltate­n von Putin-Russland sagt die Sandmaleri­n: „Es ist mir sehr peinlich, was mein Land tut. Ich bin natürlich gegen den Krieg. Und ich hoffe sehr, dass bald alles besser wird.“Persönlich­e Attacken ihrer Herkunft wegen habe sich noch nicht einstecken müssen, sagt sie: „Vielleicht hatte ich bisher Glück.“

Die 35-Jährige dankt den Helfern und ihren deutschen Freunden. Und hofft darauf, „gemeinsam diesen Krieg stoppen können“.

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FOTO: UWE MISERIUS „Rund um die Welt“heißt die Show, mit der Eva Aibazova jetzt in Leverkusen gastierte.

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